Einführung in die Arbeitsfelder des Bildungs- und Sozialwesens

Einführung in die Arbeitsfelder des Bildungs- und Sozialwesens

 

 

 

von: Heinz-Hermann Krüger, Thomas Rauschenbach (Hrsg.)

Verlag Barbara Budrich , 2006

ISBN: 9783825280932

Sprache: Deutsch

335 Seiten, Download: 2673 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Einführung in die Arbeitsfelder des Bildungs- und Sozialwesens



1. Begriffliche Vorklärungen (S.252)

Unter Erziehungshilfen versteht man ein breites Spektrum von sozialen, erzieherischen, beratenden oder therapeutischen Angeboten, dazu zählt das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) u.a. Erziehungsberatung, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehung in einer Tagesgruppe, Vollzeitpflege und Heimerziehung.

Erziehungshilfen werden durch unterschiedlich organisierte Träger erbracht, wobei heute professionell wirkende Berufstätige mit Ausbildungen als ErzieherInnen, für Sozialpädagogik, aber auch für Psychologie sowie – so in Ostdeutschland – in Gesundheitsberufen dominieren, während Selbsthilfegruppen und Ehrenamtliche nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Schon seit geraumer Zeit vollzieht die sozialpädagogische Praxis dabei eine Abkehr von der Heimerziehung: Traditionell galt nämlich die „Fremdplatzierung"" von Minderjährigen, mithin deren „stationäre Unterbringung"", Betreuung und Erziehung außerhalb des Zusammenhangs ihrer Herkunftsfamilie als die zentrale und eigentliche Form von „Maßnahmen"" der Jugendhilfe.

Dagegen gilt die Heimerziehung aktuell nur noch als eine unter vielen Möglichkeiten professioneller Erziehung. Gleichwohl richtet sich auf sie eine besonders kritische Aufmerksamkeit, wird sie doch wie kein anderes pädagogisches Handlungsfeld von Spannungen und Ambivalenzen geprägt: Wenngleich Erziehungshilfen nach Vorstellung des KJHG und der FachvertreterInnen als pädagogische Dienstleistung gemeinsame Absprachen und Planungen aller Beteiligten voraussetzen, hängen sie doch als wesentlich öffentlich finanzierte Aktivitäten von gesellschaftlichen Normvorstellungen und auf diesen gründenden politischen Entscheidungen ab.

Sie enthalten daher stets Elemente von Kontrolle und Disziplinierung, mit welchen soziale Normalisierungsansprüche durchgesetzt werden sollen. Besonders augenfällig wird dies bei der Heimerziehung, stellt sie doch im Blick auf die Problemlagen, mit denen sie zu tun hat und die zu bewältigen sie antritt, die sie aber zugleich auch selbst erzeugt, den radikalen Ernstfall von Erziehung schlechthin dar.

Stets und unausweichlich bleibt sie in den Ambivalenzen von Hilfe und Kontrolle, von Erziehung und Disziplinierung, von Entlastung und Ausgrenzung, von Schonraum und totaler Institution befangen.

Während allerdings die Öffentlichkeit mit Heimerziehung noch immer die Vorstellung von einer dauerhaften Unterbringung „schwieriger"", „verhaltensgestörter" oder gar „verwahrloster" Kinder in mehr oder weniger geschlossenen Einrichtungen verbindet, bereitet eine sachlich angemessene Bestimmung ihrer sozialen und pädagogischen Realität zunehmend Schwierigkeiten.

Dies ergibt sich auf Grund der Ausdifferenzierung unterschiedlichster Formen stationärer Unterbringung und ihrer milieunahen Situierung. Ersatzfamilie und heilpädagogische Pflegestellen, Jugendwohngemeinschaften, ausgelagerte Heimplätze und betreutes Jugendwohnen heben aber die sinnliche Evidenz der Heimerziehung und des Pflegekinderwesens auf.

Sie verlieren den räumlich-örtlichen Zusammenhang als zentrale Eigenschaft und Grundbedingung ihrer Bestimmung. So gilt inzwischen sogar der Begriff Heimerziehung als verbraucht und nur noch „konzeptionell"" tauglich. Selbst die vom KJHG vorgeschlagene Formel von der „Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht" reicht nicht mehr hin, um die empirische Vielfalt von Betreuungsformen zu erfassen.

Stellt man zudem in Rechnung, dass eine Unterbringung von jungen Menschen außerhalb ihrer Herkunftsfamilie auch jenseits des Zusammenhangs von Erziehungshilfe etwa in Internaten keineswegs ungewöhnlich ist, liegt es nahe, im Rahmen eines pädagogischen Diskurses anstelle von Heimerziehung über ein Leben und Aufwachsen „am anderen Ort" zu sprechen.

Problem- und sachstrukturell geht es nämlich um die Organisation von Orten des Lebens, die entwicklungsfähigen Subjekten Ruheräume und Schutzzonen anbieten, zugleich individualisiert oder im kollektiven Zusammenhang Lernmöglichkeiten eröffnen, welche die Annahme der eigenen Person und zugleich eine selbständige Weltaneignung ermöglichen.

2. Forschung

Zwar hat sich in den vergangenen 20 Jahren die Forschungslage im Bereich der Heimerziehung verbessert, trotzdem besteht eine Jugendhilfeforschung bis heute nur in Ansätzen."

Kategorien

Service

Info/Kontakt

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek