Borderline – Das Selbsthilfebuch

Borderline – Das Selbsthilfebuch

 

 

 

von: Andreas Knuf, Christiane Tilly

Psychiatrie-Verlag, 2004

ISBN: 9783884143742

Sprache: Deutsch

178 Seiten, Download: 694 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Borderline – Das Selbsthilfebuch



Mit schwierigen Gefühlen und Stress besser umgehen (S. 51-52)

Weil ja der Gedanke an »bessere Zeiten« in Krisensituationen leider nichts nützt oder ich es dann meist nicht schaffe, Freunde anzurufen, ist es für mich wichtig, gerade dann etwas Praktisches zu tun. Das lenkt mich zumindest etwas ab, die Hände sind dabei beschäftigt und hinterher bin ich so fertig, dass ich meist keine Kraft und keinen Nerv mehr habe, mir vielleicht die Arme aufzuritzen.
Beate

Ich schließe die Augen und atme ganz ruhig, manchmal hilft das.
Julia

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass für mich der beste Schutz vor Krisen ein geregelter Tagesablauf ist.
Britta

Stress, Anspannung und unangenehme Gefühle gehören zum Leben eines jeden Menschen. Wir können es nicht vermeiden, dass wir immer wieder an unsere emotionalen und körperlichen Grenzen stoßen, dass wir überfordert sind oder mit Gefühlen wie Angst, Traurigkeit, Wut oder Einsamkeit konfrontiert sind. Wir sollten es auch nicht vermeiden, denn jede Auseinandersetzung mit diesen Zuständen kann uns helfen, belastbarer zu werden und solche Situationen in Zukunft besser zu meistern. Bei Borderline ist das jedoch weit leichter gesagt als getan, denn die Betroffenen haben häufig mit sehr extremen Gefühlen und Erlebnisweisen zu kämpfen: Wut, die keine Grenzen mehr kennt, ein Gefühl ewiger Verlassenheit, grauenvolle Leere oder schwere Dissoziationen sind nur einige davon. Diese Gefühle brechen manchmal plötzlich über den Betroffenen herein und können so stark sein, dass sie den Eindruck erwecken, als gäbe es nur noch dieses Gefühl.

Vielen Menschen mit Borderline-Erfahrung fehlt die Fähigkeit, star ke Gefühle und Anspannung wieder zum Abklingen zu bringen. So hält sich ein (unangenehmes) Gefühl sehr viel länger als üblich, was sehr kräftezehrend ist. Außerdem gibt es dann keine Entspannungszustände zwischen den Anspannungsphasen, in denen man sich erholen könnte. Aus einem Platzregen oder einem Schauer wird so ein Dauerregen, dem gleich der nächste Dauerregen folgt. Es geht daher darum, zu erkennen, wodurch man sich immer wieder in Überforderungssituationen bringt und wie sich mit den schwierigen Gefühlen auf eine sinnvolle Art umgehen lässt.

»Wieso habe ich das jetzt wieder getan?«

Jeder Mensch tut immer wieder Dinge, die ihm eigentlich schaden. Manche von uns rauchen zwei Schachteln Zigaretten am Tag, andere setzen sich halbtrunken ans Steuer. Wieder andere treffen sich mit Menschen, mit denen sie sich gar nicht wohl fühlen. Auch zu viel zu arbeiten oder sich falsch zu ernähren sind solche tendenziell selbstschädigenden Verhaltensweisen. Borderline-Betroffene neigen in besonders extremer Weise dazu, sich durch eigenes Verhalten Schaden zuzufügen oder sich in Situationen zu bringen, die ihnen ganz und gar nicht gut tun und aus denen es als letzten Ausweg dann nur schwere Krisen zu geben scheint.

Meist verhalten wir uns so, weil unser Handeln kurzfristige positive Konsequenz bewirkt. Der Raucher weiß natürlich, dass er ein sehr hohes Krebsrisiko hat. Während die langfristige Konsequenz eher negativ ist, bringt das Rauchen im Moment Genuss. Soziale Kontakte stecken oft in einer ähnlichen Ambivalenz. Wer seine Eltern für zwei Wochen zu sich einlädt, der weiß unter Umständen schon vorher, dass es nach drei Tagen Streit geben kann. Trotzdem hat er vielleicht wegen irgendetwas ein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber und fühlt sich innerlich verpflichtet, sie einzuladen. Der Abbau des schlechten Gewissens wirkt hier also stärker als der zu erwartende Streit. Letztlich ist es daher meistens so, dass wir uns einerseits zwar selbstschädigend verhalten, andererseits aber auch einen Gewinn durch unser Verhalten haben. Deshalb fällt es uns so schwer, unser Verhalten zu ändern.

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