Mediation

Mediation

 

 

 

von: Leo Montada, Elisabeth Kals

Beltz PVU, 2007

ISBN: 9783621275897

Sprache: Deutsch

353 Seiten, Download: 1880 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Mediation



3 Mythen in der Mediationsszene: Kritik einiger Postulate (S. 44)

Es gibt fünf verbreitete Postulate für Mediationsverfahren, die es kritisch zu diskutieren gilt. Sie stellen unseres Erachtens Risiken für den Mediationserfolg dar, weil sie den Denk- oder Handlungsspielraum der Mediatoren in unproduktiver Weise beschneiden. Das erste Postulat ist das Gebot der Neutralität, das zu einer ängstlichen Einengung der Mediatoren führen kann. Wir ersetzen es daher durch das Prinzip der Allparteilichkeit, das größere Gestaltungsmöglichkeiten erlaubt. Das zweite Postulat ist das Gebot zur methodischen und inhaltlichen Zurückhaltung der Mediatoren.

Wir hingegen plädieren für eine produktive Ge- staltungsfreiheit, die es den Mediatoren nicht nur gestattet, sondern sie verpflichtet, das ganze Methodenrepertoire und Wissen der Psychologie sowie ihre kreativen und erfahrungsgestützten Ideen zu einem Fall produktiv zu nutzen. Einschränkend wirkt auch das dritte Postulat: das Sachlichkeitsgebot und die Tabuisierung von Emotionen durch Mediatoren. Emotionen spielen nicht nur eine zentrale Rolle in der Entwicklung und im Verlauf von Konflikten, sondern auch für deren Lösung.

Sie sind von großem Erkenntniswert und bieten Ansatzpunkte für Interventionen. Daher sind Emotionen nicht zu unterbinden, sondern zu artikulieren und zu reflektieren, um einen nachhaltigen Mediationserfolg erzielen zu können. Ein viertes Postulat besagt, sich in Mediationen nicht auf die konfligierenden (Rechts-)Positionen, sondern auf die Interessen der Parteien zu konzen- trieren, weil dies zu produktiveren Ergebnissen führe.

Mögliche Begründungsargumente für diese Empfehlung werden kritisch diskutiert, insbesondere die Annahme, dass Eigeninteresse das dominante und legitime Motiv des Menschen sei und dass die Aufarbeitung von Konflikten wegen normativer Überzeugungen und Ansprüche unproduktiv sei. Das Postulat ist für die Mediationspraxis wie für die Mediationsforschung problematisch.

Gemäß dem fünften Postulat soll die Vergangenheit ausgeklammert und es soll (nur) nach vorne geschaut werden. Dies wird jedoch nicht dem menschlichen Bedürfnis nach Vertrauen in die Geltung und Beachtung sozialer Normen, der Bedeutung von Emotionen im sozialen Leben sowie den Vorstellungen über soziale Beziehungen zu anderen Parteien gerecht. Daher ist der Blick in die Vergangenheit in vielen Mediationsfällen – vor allem wenn es sich um Konflikte zwischen ehemals nahestehenden Personen handelt – nicht nur erlaubt, sondern notwendig, um einen aktuellen Konflikt nachhaltig zu bereinigen.

3.1 Neutralität oder aktive Allparteilichkeit?

Die Neutralität des Mediators wird allgemein als Voraussetzung einer erfolgreichen Mediation gefordert (vgl. Bernard et al., 1984, Mähler &, Mähler, 2000, Fietkau, 1993, Fietkau &, Weidner, 1998, Kracht, 1999, Young, 1972). Das Postulat kann unterschiedlich ausgelegt werden.

Unparteilichkeit. Unstrittig ist, dass als Mediatoren nur Personen infrage kommen, die nicht selbst in den Konflikt involviert und die keine eigenen persönlichen Betroffenheiten und Interessen in diesem Konflikt haben (Strempel, 1998a). Beispielsweise kommen in einem Konflikt über den Standort eines neuen Flughafens als Mediatoren nur Personen infrage, die von keinem der diskutierten Standorte eigene Vor- oder Nachteile zu erwarten haben und die damit dem inhaltlichen Ausgang des Konflikts von ihrer persönlichen Interessenlage her neutral gegenüberstehen (Fietkau, 1991).

Andernfalls wäre nicht auszuschließen und könnte zumindest unterstellt werden, dass Mediatoren eigene Interessen verfolgen und entsprechend parteiisch handeln. Kracht (2002) nennt weitere Verdachtsmomente bezüglich Einschränkungen der Unparteilichkeit, die auch rechtlich relevante Gründe sind, in einem Fall nicht als Mediator tätig zu werden: Die Vertretung einer der Parteien als Anwalt, die Tätigkeit als Gutachter in dem Verfahren (z.B. einem Umweltkonflikt oder einem Konflikt wegen Mobbing).

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