Grundkonzepte der Psychotherapie

Grundkonzepte der Psychotherapie

 

 

 

von: Jürgen Kriz

Beltz PVU, 2007

ISBN: 9783621276016

Sprache: Deutsch

352 Seiten, Download: 6338 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Grundkonzepte der Psychotherapie



1 Überblick über die Entstehung der Psychotherapie (S. 1)

1.1 Der Mensch als soziales Wesen
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wie keine andere Spezies ist er physisch wie psychisch schon in seinen elementarsten Bedürfnissen von seinen Mitmenschen – in der Regel zunächst seinen Eltern – abhängig. In hohem Ausmaß sind auch die Strukturen für die Möglichkeiten seiner Erfahrung und somit für seine ganze Entwicklung sozial vorgegeben, längst bevor er die Lebensbühne betritt: Mindestens in demselben Maße wie die „phylogenetische Erfahrung" des Homo sapiens bestimmen die allgemeinen Ergebnisse gesellschaftlicher Arbeit und anderer Interaktionsprozesse sein Leben.

Hierzu gehören Werkzeuge und andere vom Menschen veränderte Materie, soziale Rollen und Handlungsmuster, „Kultur" (wie Sprache, Schrift, Wissensbestände etc.) und die spezifische historische, geographische und sozial-ökonomische Konstellation bei seiner Geburt und während seiner Entwicklung.

Ein besonderes Kennzeichen des Menschen (zumindest der letzten paar tausend Jahre) ist zudem sein reflexives Bewusstsein: Menschliches Verhalten ist weniger durch Instinkte und natürliche Umweltreize („Signale") bestimmt als vielmehr durch eine sinnhafte Strukturierung seiner Erfahrung und durch die Möglichkeit, dieses Verhalten und einige wahrscheinliche Folgen gedanklich vorwegzunehmen und somit intentional zu handeln. Dass diese Sinnstrukturen ebenfalls weitgehend sozial determiniert und in Zeichenprozesse (d. h. soziale Reize mit erlernten Bedeutungen) eingebunden sind, liegt auf der Hand (vgl. z. B. Kriz 1981, 1982, 1995, 1997).

Elementare psychotherapeutische Praktiken
Diese Einbettung in soziale Rollenmuster hat immer schon psychotherapeutisches Tun zur Folge gehabt: Eigene und fremde Vorstellungen und Erwartungen im Hinblick auf ein „normgerechtes" Verhalten und Empfinden des Menschen in der Sozialgemeinschaft machen besonders sensibel gegenüber Abweichungen von dieser Norm – auch wenn die Toleranzgrenzen und Bewertungen zu unterschiedlichen Zeiten und/oder in unterschiedlichen Gesellschaften extreme Differenzen aufweisen (vom „Ausmerzen minderwertigen Lebens" bis zur Verehrung „Heiliger").

Deshalb gab es immer schon Menschen, die durch Worte und Werke psychische, somatische oder interaktionale Beeinträchtigungen zu mildern versuchten (angefangen bei Familienangehörigen, die eine stützende Funktion wahrnahmen, bis hin zu spezifischen Rollenträgern – wie z. B. Medizinmännern). Elementare psychotherapeutische Praktiken im weitesten Sinne sind somit vermutlich so alt wie die Menschheit selbst.

Der Beginn professioneller Psychotherapie
Im Gegensatz dazu sind die Anfänge professioneller Psychotherapie (im heutigen Sinne) – in Übereinstimmung mit den meisten Autoren – erst auf das Ende des 19. Jahrhunderts zu datieren. Festgemacht werden sie gewöhnlich an Sigmund Freuds erstem umfassenden Werk „Die Traumdeutung", das 1899 erschien (Jahresangabe der Erstauflage: 1900) oder, früher noch, an dem von Freud und Breuer (s. u.) gemeinsam publizierten berühmten „Fall der Anna O."

1893 in dem Aufsatz „Über den psychischen Mechanismus hysterischer Phänomene" bzw. 1895 zusammen mit anderen Beobachtungen in dem Buch „Studien über Hysterie". Diese Schriften dokumentieren den Beginn eines psychotherapeutischen Behandlungsansatzes, der als „Psychoanalyse" schon bald so verbreitet war, dass in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts „Psychotherapie" und Freuds „Psychoanalyse" häufig als identisch angesehen wurden. Zwar gab es im 19. Jahrhundert auch schon frühe Vorläufer verhaltenstherapeutisch- pädagogischer Ansätze, doch stand dort der Erziehungsaspekt im Vordergrund, während Freuds Psychoanalyse sich von vornherein der Therapie psychisch Kranker zuwandte.

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