Verhaltenstraining im Kindergarten

Verhaltenstraining im Kindergarten

 

 

 

von: Ute Koglin, Franz Petermann

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2006

ISBN: 9783840920042

Sprache: Deutsch

145 Seiten, Download: 12297 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Verhaltenstraining im Kindergarten



2 Verhaltensauffälligkeiten im Kindergartenalter (S. 10-11)

Sorgen über Verhaltens- oder Erzíehungsprobleme sind bei Eltern von Kindergartenkindern relativ weit verbreitet. Dazu gehören zum Beispiel Probleme, die sich daraus ergeben, dass ein Kind nicht zuhört, wenn es aufgefordert wird oder nicht ruhig ist. Lösel et al. (2005) berichten aus einer Elternbefragung mit 675 Kindergartenkindern, dass über 50 % der Mütter über Erziehungs- und Verhaltensauffälligkeiten klagen, wie Gespräche unterbrechen oder nur nach Androhung von Strafe zu gehorchen. Solche Probleme treten schon sehr früh auf, wobei bei vielen Kindern dies nur über einen begrenzten Zeitraum beobachtet wird. Einige Kinder zeigen schwerwiegendere Symptome, zum Beispiel Bewegungsstereotypien oder massive Probleme bei der sozialen Kontaktaufnahme. Solche Probleme fallen deutlich auf und sind eher Zeichen einer schwerwiegenderen Entwicklungsabweichung.

Einzelne Verhaltensauffälligkeiten machen noch keine Verhaltensstörung aus. Nicht jedes Kind, das ein anderes schlägt, hat eine Störung des Sozialverhaltens, und viele Kinder zeigen Ängste, ohne eine Angststörung aufzuweisen. Mit dem Begriff „Störung“ wird in der Klinischen Kinderpsychologie eher ein ganzes Bündel von problematischen Verhaltensweisen bezeichnet, die über einen längeren Zeitraum auftreten. Die daraus resultierenden Probleme sind für ein Kind dann so stark ausgeprägt, dass eine normale Entwicklung gefährdet erscheint.

Zur Beurteilung, ob eine klinisch bedeutsame Verhaltensstörung vorliegt, müssen das Alter und der Entwicklungsstand eines Kindes berücksichtigt werden. Manche Verhaltensabweichungen treten bei Kindern vorübergehend auf, zum Beispiel das „Fremdeln“, das viele Kinder im zweiten Lebensjahr zeigen – bei einem solchen Verhalten handelt es sich um eine normale, zeitlich begrenzte Angst. Ebenso tritt aggressives Verhalten (wie Schlagen oder Treten) bis zum dritten Lebensjahr bei vielen Kindern gehäuft auf. Verhaltensauffälligkeiten von Kindern kann man grob in zwei Bereiche einteilen: Kinder, die laut, ungeschickt oder aggressiv auftreten und so den Sozialkontakt mit anderen ungünstig gestalten, weisen externalisierendes Verhalten auf. Kinder, die nie auf andere zugehen, sich selbst zurückziehen, passiv oder stark an vertraute Personen (an die Mutter) anklammern, zeigen internalisierende Probleme. Das externalisierende Verhalten umfasst Wutausbrüche, unruhiges oder aggressives Verhalten; dazu zählt auch die Aufmerksamkeitsstörung (ADS) und die Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Diese Störungen (ADS/ADHS) werden nicht näher erläutert, da es sich um neurobiologisch verursachte Störungen handelt (Barkley, 2005; Döpfner, 2002), die eine gezielte Behandlung nötig machen. Es ist bekannt, dass bereits relativ viele junge Kinder Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. Unabhängig von der Art der Auffälligkeit berichten Lavigne et al. (1996), dass rund 20 % der Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren davon betroffen sind. Schwerwiegende Auffälligkeiten wurden von 9 % der Kinder berichtet. Jungen waren immer häufiger davon betroffen als Mädchen. Dabei wurde ein deutlicher Anstieg der Probleme zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr beobachtet, aber kein Anstieg bei der Altersgruppe von drei bis fünf Jahren. Die häufigste Auffälligkeit war die Störung mit oppositionellem Trotzverhalten, die bei 16,8% der Kinder vorlag. Andere Studien, die Kinder vor der Einschulung untersuchten, berichten davon, dass internalisierende Störungen bei 10 % bis 15 % aller Kinder auftreten (Egger & Angold, 2006).

Treten bereits in dieser Altersgruppe mehrere Auffälligkeiten bei einem Kind gleichzeitig auf, dann liegt eine besonders ungünstige Entwicklungsprognose vor. Bei Kindern, mit denen eine Behandlung aufgesucht wird, treten bei knapp der Hälfte externalisierende und internalisierende Probleme gleichzeitig auf (Thomas & Guskin, 2001). Im Kindergartenalter treten vor allem oppositionell-aggressives Verhalten und sozial unsicheres Verhalten häufig auf. Diese beiden Störungsbereiche werden im Folgenden genauer dargestellt.

2.1 Oppositionell-aggressives Verhalten

Das Hauptmerkmal des oppositionell-aggressiven Verhaltens ist ein Muster von trotzigem, ungehorsamem und feindseligem Verhalten, das besonders gegenüber den Eltern und nahestehenden Bezugspersonen auftritt. Solche Kinder zeigen häufig Wutausbrüche und widersprechen den Aufforderungen Erwachsener. Sie sind schnell ärgerlich und verärgern andere häufig und geben ihnen die Schuld für ihre Konflikte; schwerwiegenderes aggressives Verhalten fehlt jedoch. Dieses Verhaltensmuster tritt deutlich häufiger auf, als bei anderen Kindern gleichen Alters, und der Beginn liegt häufig vor dem Schuleintritt. Kinder mit oppositionell-aggressivem Verhalten entwickeln häufig zu Beginn des Grundschulalters schon massiv aggressives Verhalten (Loeber, Green, Lahey, Frick & McBurnett, 2000). Diese Kinder lügen oder brechen Versprechen, um Vorteile zu erhalten oder um Verpflichtungen zu vermeiden. Sie beginnen oft Auseinandersetzungen und zeigen körperlich-aggressives Verhalten gegen Gleichaltrige, Erwachsene oder Tiere.

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