Umgang mit Borderline-Patienten

Umgang mit Borderline-Patienten

 

 

 

von: Ewald Rahn

Psychiatrie-Verlag, 2003

ISBN: 9783884147054

Sprache: Deutsch

145 Seiten, Download: 636 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Umgang mit Borderline-Patienten



Entwicklung einer helfenden Haltung (S. 75-77)

Bevor man sich auf das Abenteuer »Umgang mit Borderline-Erkrankten« einlässt, sollten die Helfenden zunächst die eigenen Erwartungen betrachten.

Die Beschäftigung mit der Borderline-Problematik kann sehr »interessant und spannend« sein, der Umgang mit den Betroffenen auch viel Freude bereiten. Einige Aspekte der Borderline-Störung können aber durchaus ängstigen, andere sogar Ärger und Ablehnung hervorrufen.Wie erhalten wir uns als psychiatrisch Tätige die notwendige Offenheit den Borderline-Betroffenen gegenüber?

Lange Zeit galt in der Psychiatrie und Psychotherapie der Helfer als ein Mensch ohne Eigenschaften. Neutralität wurde überall gefordert. Das »Einbringen eigener Anteile« war verpönt und machte den Helfer angreifbar. Es ist nicht zuletzt den Borderline-Kranken zu verdanken, dass dieser Mythos als Illusion entlarvt worden ist. Daraus lernend wird die Eigenschaft des Helfers zu einer Ressource, zu einem bedeutsamen Unterschied und Ausgangspunkt für eine neue Beziehungserfahrung auf Seiten des Erkrankten. Aber ist der Helfer sich dieser Ressource bewusst, kennt er seine eigenen Eigenschaften und kann sie nutzen?

Dieser Klärungsprozess ist sicherlich der erste und vielleicht der entscheidende Schritt, um einen persönlichen Umgang mit der Borderline-Problematik zu entwickeln. Hilfe ist aber nicht nur Kunst, sondern auch Handwerk. Das Erlernen des Handwerks erleichtert den Umgang mit den Betroffenen ungemein, die ohnehin ein professionelles Verhalten erwarten. Erst das Zusammenspiel von handwerklichem Können und dem Einsatz der eigenen, persönlichen Ressourcen ermöglicht einen hilfreichen Umgang mit Borderline-Kranken.

Die Eigenschaften eines Menschen sind selbstverständlich Wertungen unterworfen. So wird der eine eher nachsichtig, der andere vielleicht kon frontativer sein.Wertungen stehen oft der Würdigung und Wertschätzung der persönlichen Eigenschaften entgegen, was etwa die Zusammenarbeit im Team erschwert. Gerade im Umgang mit Borderline-Kranken ist daher gegenseitiger Respekt von großer Bedeutung und steht in einem wohltuenden Gegensatz zu einer oberflächlichen Suche nach Übereinstimmung.

Grundregeln im Umgang mit Borderline-Verhalten

Natürlich sind im Umgang mit dem Borderline-Problem recht komplexe Zusammenhänge zu beachten. Trotzdem lassen sich einige Grundregeln formulieren. So finden sich bei den unterschiedlichen Therapieformen Gemeinsamkeiten, die offensichtlich auf ähnlichen Erfahrungen im Umgang mit Borderline-Kranken beruhen. Als Grundregeln können gelten:

- Am Anfang Einigkeit darüber herstellen, um welche Symptome und Probleme es eigentlich geht. Die Hilfe orientiert sich an realistischen Zielen.
Zu dieser Grundregel gehört sicherlich auch das Gespräch über die Diagnose und die jeweiligen Vorstellungen von Helfer und Betroffenem.

- Von Anfang an fortlaufend aushandeln, wie die Beziehung gestaltet werden soll.
Grundlage für die Beziehung ist die Autonomie der beteiligten Personen und die Bereitschaft, jeweils die Verantwortung für das eigene Tun zu übernehmen.

- Den Versuch unternehmen, sich und den anderen möglichst offen mit den Problemen zu konfrontieren.
Dazu gehören die Entwicklung einer gewissen gegenseitigen Ehrlichkeit und der Versuch, keine Themen aus dem Dialog auszuklammern.

- Die konkrete Arbeit an der Lösung der Probleme und ein Gefühl für Veränderungen entwickeln.
Die Suche nach einem richtigen Weg ist weniger wichtig als das Finden eines möglichen Weges, denn das Ziel ist ein aktiver Umgang mit den Problemen. Die gemeinsamen Anstrengungen sollen darauf gerichtet werden, herauszufinden, was schädigend und was nützlich ist. Das gilt selbstverständlich auch für die Helferbeziehung selbst. Die Gegenwart (das Hier und Jetzt) hat eine höhere Wertigkeit als die Zukunft und beides ist bedeutsamer als die Vergangenheit. Eine Beziehung, die auf Veränderung angelegt ist, wird selbst Veränderungen und eventuell Krisen unterworfen sein.

- Einen verantwortlichen Umgang mit der Zeit pflegen.
Eine Helferbeziehung ist kein Selbstzweck. Das unterscheidet sie etwa von privaten Beziehungen. Wenn sie auf ein Ziel gerichtet ist, dann sollte sie auch einen Anfang und ein Ende haben. Ohnehin ist es für alle Beteiligten unerlässlich, einen sorgsamen Umgang mit Zeit zu pflegen.

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