Pflegekompetenz

Pflegekompetenz

 

 

 

von: Christa Olbrich

Hogrefe AG, 2010

ISBN: 9783456947877

Sprache: Deutsch

279 Seiten, Download: 1031 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Pflegekompetenz



Wirtschaft fehlen überzeugende Arbeitsmarktkonzepte. Arbeitslosigkeit und Verarmung breiter Gruppen von arbeitenden Menschen sind Folgen davon. Information und Wissen steigen enorm an, wir sprechen von der Wissensgesellschaft und meinen, dass der Einzelne, vor allem auch unter der sehr schnell wachsenden Zahl der alten Menschen, neue Fähigkeiten braucht, um in der Alltagswelt zurecht zu kommen. Unter anthropologischen Gesichtspunkten stellen wir eine Individualisierung fest, dahingehend, dass der einzelne Mensch seine individuellen und subjektiven Lebensentwürfe ausdrücken möchte, Stichwort «Freiheit» und «Selbstverwirklichung».

Diese, hier nur in Stichworten skizzierte Gesellschaft, stellt existenziell wichtige Fragen von persönlicher und beruflicher Bildung an das Bildungswesen. In diesem Zuge entsteht die Kompetenzdiskussion neu und zwar mit der sich etablierenden Kompetenzforschung auf sehr hoher Abstraktionsebene. Kompetenz wird nun nicht mehr nur auf der Ebene des Einzelnen gesehen, sondern in Gruppen, Institutionen und Netzwerken verortet. Kompetenz kann nur noch in Kontexten von Lernen, Kultur, Wissen und Entwicklung gedacht werden (Schmidt 2005). Geht man davon aus, dass Menschen in ihrer Personalität höchst individuell und auf allen Ebenen des Menschseins letztlich nicht begriffen werden können und geht man davon aus, dass die Gesellschaft mit ihren höchst komplexen Strukturen dennoch funktioniert, so stellt sich die zentrale Frage: Wie leistet das der Einzelne? Welches bestimmende Moment liegt dieser Kompetenz inhärent? Die Antwort resultiert aus der Selbstorganisationsforschung: Die Selbstorganisation des Menschen. Sie wird als Disposition von verschiedenen Wissenschaftlern als das Grundlegende von Kompetenz definiert.

«Kompetenzen als Selbstorganisationsdisposition, also als Anlagen, Bereitschaft, Fähigkeit, selbst organisiert und kreativ zu handeln und mit unscharfen oder fehlenden Zielvorstellungen und Unbestimmtheiten umzugehen, existieren auf den Ebenen von Einzelnen, Teams, Unternehmen, Organisationen und Regionen. Auf individueller Ebene finden wir die grundlegenden Selbstorganisationsdispositionen: uns selbst gegenüber reflektierend und kritisch zu sein, produktive Einstellungen, Werthaltungen und Ideale zu entwickeln (personale Kompetenz P), unsere Werte und Ideale, unsere Absichten und Ziele aktiv und willensstark umsetzen zu können (Aktivitätsund Handlungskompetenz A), mit fachlichem und methodischem Wissen ausgerüstet, offene und unscharfe Probleme schöpferisch zu bewältigen (Fachund Methodenkompetenz F), sowie mit anderen kreativ zu kooperieren und zu kommunizieren (sozialkommunikative Kompetenz S).» (Schmidt 2005, S. 160). In weiterer Ausdifferenzierung dieses Selbstorganisationsprinzips wird dieses auf einer noch höheren Abstraktionsebene als Metakompetenzen, also Selbstorganisationsdisposition zweiter Ordnung, bezeichnet. Demnach «kann man von Metakompetenzen sprechen, als von Ausgangsdispositionen, welche die Herausbildung von grundlegenden und abgeleiteten Selbstorganisationsdispositionen, den Kompetenzen, erst fundieren und ermöglichen» (Erpenbeck, In: AGWF 2006, S. 63).

Dass letztlich die Selbstorganisation als konstituierender Faktor von Kompetenz bestimmt wird, basiert auf vielfältigen Erkenntnissen von Systemtheorie, Neurowissenschaft, Komplexitäts-, Chaostheorie und Konstruktivismus. Allem zugrunde muss man das bahnbrechende Werk von Maturana und Varela anführen. Sie leiten aus der biochemischen zellulären Funktionsweise aller Lebewesen ihre autopoetische Organisation ab. «Ein Lebewesen ist durch seine autopoetische Organisation charakterisiert. Verschiedene Lebewesen unterscheiden sich durch verschiedene Strukturen, sie sind aber in Bezug auf ihre Organisation gleich.» (Maturana/Varela 1987, S. 55).

Menschen haben nicht nur die Disposition, ihre Alltagsund Berufswelt zu organisieren, sie sind von ihrem Wesen her autonome Subjekte. So ergibt sich eigentlich sehr logisch, dass Kompetenz in allen Potentialen der Persönlichkeit liegt. Diese Sichtweise entspricht auch der gesellschaftlichen Entwicklung einer zunehmenden Individualisierung.

1.3 Kompetenz als Recht und Befugnis

In berufsspezifischer Einordnung wird dem Begriff und der Bedeutung von Kompetenz ein relativ klar umschriebener Standort zugewiesen. Die Managementund Organisationslehre definiert Kompetenz als formales Recht/Befugnis, innerhalb eines Bereiches frei zu handeln und zu entscheiden; diese Kompetenz beruht auf der Position in der Hierarchie einer Organisation und wird dem Positionsinhaber von der Organisation verliehen. In der Regel liegt diesem Recht eine Ausbildung oder eine anderweitig bestätigte Qualifikation zugrunde. Ein Zeugnis oder ein Zertifikat berechtigt also, bestimmte Aufgaben zu erfüllen, dies im Sinne von Recht aber auch von Pflicht.

Da berufliche Organisationen in komplexer Weise auf ihre Zweckund Zielerfüllung ausgerichtet sind, unterliegen sie der Notwendigkeit formaler Regelungen. Es müssen Aufgaben differenziert und wiederum koordiniert werden. Diese Formalisierung umfasst – nach der Organisationslehre – Gebildeund Prozessstrukturen. Kompetenzen werden hierin als «Bausteine», als formale Elemente innerhalb der Gebildestrukturen eingeordnet. Zu den formalen Elementen gehören Aufgaben und Aktivitäten, Kompetenzen und Verantwortlichkeit, Stellen und Stellengruppen sowie Verbindungswege zwischen Stellen.

Mit Hilfe dieser Strukturierung lassen sich in der Praxis Verhaltenserwartungen und Rollenzuschreibungen spezifizieren und generalisieren. Damit Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung in klarer Übereinstimmung der Organisation und dem Positionsinhaber gerecht werden können, erfolgt deren Festschreibung in so genannten Arbeitsplatzund Stellenbeschreibungen.

1.3.1 Kompetenzbereiche in der Organisationsund Managementlehre

In diesem Zusammenhang werden im Rahmen der beruflichen Positionen verschiedene Kompetenzarten ausdifferenziert.

Ausführungskompetenz: das Recht, im Rahmen einer übertragenen Aufgabe tätig zu werden und dabei Arbeitsrhythmus und Methoden zu wählen.

Verfügungskompetenz: das Recht, über Objekte oder Sachmittel, auch über Informationen zu verfügen. Antragskompetenz: das Recht, initiativ zu werden und Dinge zu beantragen. Entscheidungskompetenz: das Recht, zwischen Handlungsalternativen zu entscheiden. Diese Entscheidungskompetenz kann jeweils nach ihrer Bedeutung noch konkreter festgelegt werden. Diese organisatorische Verteilung von Entscheidungskompetenzen ist eine der wichtigsten Probleme der Leitungsorganisation.

Mitsprachekompetenz: Innerhalb dieses Bereiches kann wiederum zwischen Anhörungsrecht, Mitberatungsrecht, Vetorecht oder Mitentscheidungsrecht unterschieden werden.

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