Menschen mit Demenz personzentriert beraten - Dem Selbst eine Bedeutung geben

Menschen mit Demenz personzentriert beraten - Dem Selbst eine Bedeutung geben

 

 

 

von: Danuta Lipinska

Hogrefe AG, 2010

ISBN: 9783456948331

Sprache: Deutsch

145 Seiten, Download: 1251 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Menschen mit Demenz personzentriert beraten - Dem Selbst eine Bedeutung geben



"8 Die Verbindung mit dem geistigen Kern des Seins (S. 99-100)

In diesem Kapitel geht es um die Verbindung mit dem geistigen Kern des Seins, die auch in der Psychotherapie und im Hinblick auf das Leben mit Demenz eine Rolle spielt. Ich verstehe darunter die innere Kraft, den Kern des «Seins» oder das menschliche Wesen, das wir alle gemeinsam haben. Bubers «Ich-Du»-Beziehung, die von Rogers erwähnte Transzendenz ebenso wie die Publikationen von Brian Thorne und anderen verweisen auf eine geistige Dimension, die die Beratung ebenso prägt wie unser Leben und Sterben. In der Art und Weise, wie wir es tun, offenbart sich der Geist oder die Seele, die uns zu dem Menschen macht, der wir sind.

Die Arbeit mit meinen Klienten bekräftigt das Wirken einer anderen Kraft. Die Beratung von Männern und Frauen mit Demenz führt in eine andere, in eine präverbale, präsymbolische, nicht intellektuelle, rein geistige Dimension, die Wachstum und Veränderung ermöglicht. Was immer sie ist, sie kommt offenbar ohne Gedächtnis, Geschichte, Rolle oder Funktionsfähigkeit, ja selbst ohne die Zugehörigkeit zu einer bestimmten religiösen Gruppe aus.

Ich werde direkt mit meiner Realität konfrontiert, mit meiner beängstigenden Verletzlichkeit und entscheide mich, im Raum zu bleiben und mich einzulassen (engl.: to enter into solidarity), wie Nouwen es nennt, auf das potenzielle Chaos des Klienten und auf meins. Ich werde weder zurückschrecken noch fliehen, wie andere es vielleicht tun würden und wie er es befürchtet. Ich werde bleiben und mich unserem gemeinsamen Moment stellen. Würde ich eine Demenz entwickeln, würde ich mir wünschen, dass jemand ganz für mich da ist, wie ich es jetzt für ihn bin.

Das erfordert Bereitschaft und Wagemut, und außerdem eine Haltung der Akzeptanz und eine Größe des Geistes, die den Bereich des Möglichen sprengt und die Grenzen überwindet, die durch Missachtung und konkrete Erwartungen errichtet werden.In seinen späteren Publikationen schrieb Rogers: Offenbar existiert ein unermessliches und mysteriöses Universum – vielleicht eine innere Realität, oder eine geistige Welt, deren Teil wir alle sind, ohne es zu ahnen. Ein solches Universum räumt ein für alle Mal auf mit unserer behaglichen Gewissheit, wir alle wüssten, was die reale Welt ist.

Diese Auffassung ist von entscheidender Bedeutung, wenn es im Rahmen meiner Arbeit mit den Klienten um die «Wahrnehmung» ihres Selbst, ihrer Realität, ihrer Wahrheit und der realen Welt geht, in der sie leben. Dies ist keine Verschwörung mit einer Erfahrung, die auf Einbildung oder Halluzination beruht, sondern die Anerkennung der Realität, die die Klienten wahrnehmen. Ich gebe zu, dass diese Art und Weise, bestimmte Dinge zu interpretieren, scheinbar wenig dazu beiträgt, pflegende Angehörige zu unterstützen, die mit dem Klienten durch dick und dünn gehen, tagelang oder nächtelang, über endlose Wochen und endlose Monate.

Oft sehnen sich diese Angehörigen geradezu danach, die Realität so zu sehen wie der Mensch mit Demenz, geben dann aber letztendlich doch den Vorteilen und der Sicherheit ihrer eigenen den Vorzug. Verständlicherweise klammern sie sich an das, was war und was möglicherweise kommt, um die Panik zu verdrängen, die mit der oft widersprüchlichen und unkalkulierbaren Verwirrung einhergeht die «ist». Die Realität ist jedoch von großer Bedeutung, etwa für den Sohn, dessen Vater glaubt, er sei noch in der Grundschule und würde bald von seiner Mutter abgeholt. Der Sohn denkt wahrscheinlich in dieser Situation."

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