Schizophrenie - die Krankheit behandeln

Schizophrenie - die Krankheit behandeln

 

 

 

von: Asmus Finzen

Psychiatrie-Verlag, 2001

ISBN: 9783884147016

Sprache: Deutsch

161 Seiten, Download: 480 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Schizophrenie - die Krankheit behandeln



Rückfallprophylaxe und chronisch-rezidivierender Verlauf  (S. 94-95)

Mit der Gewissheit, dass wir es mit einem chronisch-rezidivierenden Verlauf zu tun haben, beginnt das eigentliche Ringen um die Bewältigung der Schizophrenie. Diese kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten zusammenwirken, wenn die Kranken bei ihrer Aufgabe der Unterstützung der ihnen nahe stehenden Menschen wie der Behandelnden gewiss sein können. Dazu bedarf es des Lernens auf allen Seiten.

Grundvoraussetzung ist, wie bei allen chronisch-rezidivierenden Erkrankungen, die Befähigung der Kranken zur aktiven Auseinandersetzung mit ihrem Leiden. Sie müssen, so gut es geht, lernen, mit ihrer Krankheit zu leben, wenn sie sie schon nicht überwinden können. Voraussetzung dafür wiederum ist, dass sie so viel wie möglich über diese Krankheit wissen, dass sie aus der Betroffenenperspektive zu Experten ihrer Krankheit werden. Für die Angehörigen ist das nicht anders.

Die Therapeuten wiederum müssen sich auf die langfristige Begleitung ihrer psychosekranken Patientinnen und Patienten einlassen. Leider ist die Verbindung von langandauernder Präsenz und Kompetenz im gegenwärtigen medizinischen Versorgungssystem keine Selbstverständlichkeit.

Obwohl sich das Zusammenwirken von Behandelnden, Kranken und Angehörigen gleichzeitig vollzieht, seien ihre unterschiedlichen Perspektiven dabei aus Gründen der Darstellungssystematik in gesonderten Abschnitten dieses Kapitels behandelt. Dies ist auch deswegen erforderlich, weil zwar das Ziel der Überwindung und Beherrschung der Krankheit für alle Beteiligten dasselbe ist. Das bedeutet aber nicht, dass Behandelnde, Angehörige und Kranke auf dem Weg dahin auch immer die gleichen Interessen haben. Das kann gar nicht so sein. Das Ausmaß an Betroffenheit ist dazu zu unterschiedlich. Therapeutinnen und Therapeuten üben, wie sie auch immer engagiert sein mögen, ihre Arbeit aus. Sie erfüllen ihre Berufsrolle. Sie verdienen mit ihrer Tätigkeit ihren Lebensunterhalt. Die Kranken und ihre Angehörigen sind von der Psychose und deren psychosozialen Auswirkungen in ihrem Dasein, in ihrem Lebenslauf und ihren Vorstellungen vom Leben existenziell betroffen.

Es ist wichtig, diese Unterschiede wahrzunehmen, sie anzuerkennen und sie im Behandlungsalltag in Rechnung zu stellen. In der psychiatrischen Behandlung entstehen zwangsläufig Interessengegensätze zwischen den Beteiligten. Diese können Spannungen verursachen. Sie zu überdecken, kann nur schädlich sein. Es ist selbstverständlich, dass Angehörige und Therapeuten gefälligst miteinander zu reden haben, auch wenn ihre Rollen wie ihre Aufgaben bei der Behandlung grundverschieden sind. In den folgenden Abschnitten soll es zunächst um Rolle und Aufgabe der Behandelnden gehen.

Langfristige Strategie

Spätestens nach dem ersten Rückfall ist es notwendig, eine langfristige Behandlungsstrategie zu entwickeln, die von Kranken und Therapeuten in gleicher Weise getragen wird. Die klassische Arzt-Patienten-Rolle verändert sich. Die paternalistische Vorstellung von Medizin ist in der Psychiatrie ohnehin seit langem in Frage gestellt. Aber bei einer Krankheit mit chronisch rezidivierendem Verlauf zeigt sich das in aller Deutlichkeit. Hier kann es nicht mehr darum gehen, dass der Patient tut, was die Ärztin oder der Arzt ihm sagt. Es bleibt nützlich, wenn er Expertenratschläge befolgt.

Aber auf lange Sicht kommt es darauf an, einen Behandlungsplan zu erarbeiten, dem ein gemeinsames Krankheits- und Behandlungsverständnis zugrunde liegt und der von beiden Seiten aktiv mitgetragen wird – ein Vertrag, der letzten Endes ausgehandelt werden muss. Die Krankheit wird behandelt. Aber über die Art und Weise der Behandlung wird verhandelt. Eine Therapie, hinter der vor allem die Experten stehen, die Kranken aber nicht überzeugt, kann langfristig nicht tragfähig sein. Sie ist ständig vom Behandlungsabbruch bedroht. Da es auch in dieser Krankheitsphase noch häufig vorkommt, dass die Behandelnden den Kranken ihre Therapie und ihre therapeutischen Vorstellungen aufdrängen, gehört die Gewinnung der Kranken für eine gemeinsame aktive und konstruktive Behandlungslinie zu den zentralen Theapiezielen, bis dies gelungen ist...

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