Spiel - Musik - Therapie: Methoden der Musiktherapie mit Kindern und Jugendlichen

Spiel - Musik - Therapie: Methoden der Musiktherapie mit Kindern und Jugendlichen

 

 

 

von: Sandra Lutz Hochreutener

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2009

ISBN: 9783840921988

Sprache: Deutsch

316 Seiten, Download: 13229 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Spiel - Musik - Therapie: Methoden der Musiktherapie mit Kindern und Jugendlichen



8.3 Kind und Stille (S. 146-147)

Stille spielt in der ganzen kindlichen Entwicklung, insbesondere in der frühen Mutter-Kind-Interaktion eine wesentliche Rolle. Das Kind lernt die Qualität von Stille bereits im Mutterleib kennen. Das körperhaft erspürte und erhorchte Kontinuum von Herzrhythmus, Atem, Darmgeräuschen und Bewegungen der Mutter sowie die eigene "Körpermusik", des Fetus können als besonderer Raum der Stille bezeichnet werden (vgl. Smetana, 2005, S. 38). Tomatis (1987, S. 176) spricht in diesem Zusammenhang von "lebendiger Ruhe", oder "summender Stille",. Der Fetus nimmt sie zunächst taktil-haptisch als Berührung, über das Gleichgewichtsorgan als Schwingung und ab ca. viereinhalb Monaten auch als eigentliches Hören über das Ohr wahr.

Im Wechsel von Ruhe (wenn die Mutter schläft) und bewegt werden (bei grösseren oder plötzlichen Bewegungen der Mutter) sowie von intrauteriner Stille (wenn die Mutter schweigt und sie sich in stillen Räumen aufhält) und eindringenden extrauterinen akustischen Eindrücken (bes. die Stimme der Mutter sowie Stimmen anderer Bezugspersonen, Musik, Alltagsgeräusche) macht das Kind erste Erfahrungen mit Stille und Nicht-Stille.

Ebenso nimmt es auch neuroendokrin vermittelte psychische Veränderungen bei der Mutter (Stress, Angst, Freude, Erschrecken, Trauer etc.) als Einbrüche in den fetalen Stilleraum wahr. Solange sich diese in einer gewissen Bandbreite bewegen, sind sie stärkende, vorbereitende Ereignisse auf die anspruchsvollen, z.T. unvermittelten Wechsel zwischen Lärm und Stille sowie Ruhe und Unruhe ausserhalb des geschützten Mutterleibs. überschreiten sie die individuell unterschiedliche Toleranzgrenze wird das Kind gestört, überfordert und verunsichert.

Hier wird deutlich, welch prägenden Einfluss die Befindlichkeit der Mutter sowie ihre Bereitschaft und Fähigkeit, mit dem Kind in einen hinreichend abgestimmten Dialog zu kommen, auf die Qualität des fetalen Lebensraums hat. Je nachdem wird er als eng, leer, formlos, bedrohlich verschlingend oder als lebendig bewegt und Geborgenheit vermittelnd erlebt. Dies kann sich im späteren Umgang mit Stille abbilden: im Geniessen und sich ihr Anvertrauen-Können wie auch in Angst davor und Abwehr.

Auch während und nach der Geburt spielt es eine wichtige Rolle, inwieweit die Mutter und andere Bezugspersonen auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen und einen akustisch und seelisch hinreichend geschützten Raum gewährleisten. Die frühen Erfahrungen hinsichtlich des Wechsels von Zuwendung und Aktivität versus "in Ruhe gelassen werden", spiegeln sich später in seinem Spiel, im Sprechen und Handeln, aber auch in seinem Umgang mit Stille (vgl. Loos, 1986b, S. 145).

In diese frühe Zeit gehört auch das Stillen des Kindes, eine der innigsten menschlichen Stille-Erfahrungen. Die dabei erlebte, Kraft spendende körperliche und seelische Nähe mit der Mutter helfen dem Kind bei der Bewältigung der noch ungeordneten, fremden Welt. Stillen kann als Ursprungserfahrung für das Erleben von Stille in späteren Lebensphasen bezeichnet werden, als Quelle der Kraft und des Kontaktes zu sich selbst und der Mitwelt. Die reife Form zeigt sich darin, dass sie nicht mehr der lebensspendenden Kraft einer Mutter bedarf, sondern dass sie aus dem eigenen Innern geschöpft werden kann (vgl. Spiegler, 1991, S. 13)."

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