Handbuch der Allgemeinen Psychologie - Motivation und Emotion

Handbuch der Allgemeinen Psychologie - Motivation und Emotion

 

 

 

von: Veronika Brandstätter, Jürgen H. Otto

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2009

ISBN: 9783840918452

Sprache: Deutsch

806 Seiten, Download: 17287 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Handbuch der Allgemeinen Psychologie - Motivation und Emotion



Motivationspsychologie des Lernens (S. 335-336)

Psychology of Motivation for Learning
Regina Vollmeyer
Beim Lesen dieses Handbuchs wird deutlich, dass Motivation kein homogener Begriff ist, sondern je nach Theorie unterschiedliche Aspekte von Motivation hervorgehoben werden. Jedoch stimmen alle Theorien überein, dass Motivation dem Verhalten eine Richtung gibt, indem motivierte Personen bestimmte Tätigkeiten auswählen, sich bei diesen besonders anstrengen und mehr Zeit dafür investieren. Wenn sich Personen mehr anstrengen und mehr Zeit mit bestimmten Tätigkeiten verbringen, dann kann man für den Schulkontext daraus schließen, dass sie hier eine bessere Leistung zeigen werden. Eine Beobachtung, die Lehrkräfte häufig machen ist, dass Schüler und Schülerinnen nach der Grundschule ihre „Lust“ am Lernen verlieren.

Um dieses Alltagsphänomen differenzierter zu betrachten, möchte ich in Abschnitt 1 einzelne Motivationsphänomene (Interesse, Selbsteingeschätzte Fähigkeiten und Werte/Anreize) beschreiben, die in der Schule auftreten. Anhand verschiedener Theorien (Interessentheorie, Erwartungs-Wert-Modell, Selbstbestimmungstheorie) werde ich erklären, warum es zu einem Motivationsverlust kommt. Ergebnisse, die im Rahmen dieser Theorien gewonnen wurden, werden mit empirischen Studien illustriert und Hinweise gegeben, wie Motivation gefördert werden kann. Zur Förderung von Motivation liegt bereits Literatur vor (u. a. Vollmeyer, 2008, → Motivationstraining), so dass diese Empfehlungen sehr kurz abgehandelt werden.

In einem zweiten Abschnitt wird ein Modell vorgestellt, das beschreibt, wie motivierte Schüler und Schülerinnen lernen und welches Verhalten das Lernergebnis beeinflusst.

1 Erklärungen für den Motivationsverlust in der Schule

1.1 Erklärung des Motivationsverlusts nach der Interessentheorie

Krapp (1998) versteht unter Interesse, dass ein Gegenstand, mit dem man sich freiwillig beschäftigt (das ist Selbstintentionalität), auch positiv bewertet wird. Wenn man sich mit dem Gegenstand auseinandersetzt, so stellen sich positive Gefühle ein (→Interesse). Das so definierte Interesse an Schulfächern wurde häufig untersucht, besonders in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern. In groß angelegten Längsschnittstudien, aber auch in kleineren Studien (z. B. Kessels & Hannover, 2004) stellte sich heraus, dass das Interesse an Schulfächern über die Schulzeit hinweg abnimmt.

Besonders bei Mädchen ist der Interessenverlust an mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern groß. Kessels und Hannover (2004) erklären diesen Befund damit, dass sich Lehrende von klassischen Geschlechtsstereotypen leiten lassen, d. h. Jungen wird mehr Kompetenz im Bereich der Naturwissenschaften zugesprochen und der Unterricht wird auch stärker auf die Erfahrung von Jungen abgestimmt. Da Mädchen wenig angeregt und unterstützt werden, verlieren sie das Interesse.

Auf der Grundlage von mehreren empirischen Studien kann insgesamt von einem kleinen bis mittleren Einfluss von Interesse auf Leistung ausgegangen werden, vor allem wenn das Vorwissen kontroliert wird (z. B. Third International Mathematics and Science Study (TIMSS), Köller, Baumert & Schnabel, 2000, Schiefele, Krapp & Winteler, 1992). Auch wenn der Einfluss des Interesses auf die Schulleistung vergleichsweise gering ist, scheint eine Förderung des Interesses im Hinblick auf eine positive emotionale Befindlichkeit bei der Beschäftigung mit dem Lerngegenstand zentral.

Lehrkräfte können Interesse fördern, indem sie

• Situation ansprechender gestalten (z. B. Aufgabe als Spiel darbieten),

• Aufgaben an Bedürfnisse der Schüler und Schülerinnen anpassen (z. B. Schwierigkeitsgrad verändern, persönlichen Bezug zur Lebenswelt der Schüler herstellen).

1.2 Erklärung des Motivationsverlusts nach dem Erwartungs-Wert-Modell
Nach Erwartungs-Wert-Modellen ist es für eine motivierte Handlung notwendig, dass Personen einer Tätigkeit und/oder dem Ergebnis der Tätigkeit einen hohen Wert beimessen und auch die Erwartung haben, die Tätigkeit zu einem positiven Ergebnis/Ziel führen zu können. Je höher der subjektive Wert des Ziels und je höher die Erfolgserwartung ist, desto eher wird eine Person die Tätigkeit auswählen, sich dafür anstrengen und auch eine bessere Leistung erzielen (→ Erwartung und Anreiz). Dies möchte ich an einem Beispiel aus der Schule illustrieren. Wenn eine Schülerin Ingenieurin werden möchte (hoher Wert), so wird sie sich besonders in den Fächern anstrengen, die für ein Ingenieurstudium relevant sind.

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