Klassiker der politischen Ideengeschichte - Von Platon bis Marx (Oldenbourg Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft)

Klassiker der politischen Ideengeschichte - Von Platon bis Marx (Oldenbourg Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft)

 

 

 

von: Walter Reese-Schäfer

De Gruyter Oldenbourg, 2007

ISBN: 9783486582826

Sprache: Deutsch

255 Seiten, Download: 1124 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Klassiker der politischen Ideengeschichte - Von Platon bis Marx (Oldenbourg Lehr- und Handbücher der Politikwissenschaft)



"6 Thomas Hobbes, der Erfinder des Leviathan (S. 63-64)

Der Leviathan ist das Haupt- und Meisterwerk von Thomas Hobbes (1588-1679), jedenfalls was die ersten beiden Teile, „Vom Menschen"" und „Vom Staat"" angeht, während Teil III und IV, nämlich „Vom christlichen Staat"" und „Vom Reich der Finsternis"" seltener zitiert und behandelt werden. Der Titel lautet auf Englisch: Leviathan or the Matter, Form and Power of a Commonwealth Ecclesiastical and civil, oder in der Übersetzung von Walter Euchner: „Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates."" Methodisch hat Hobbes einen entscheidenden Anstoß durch die Lektüre von Euklids Geometrie empfangen, von der er 1628 zufällig ein Exemplar in einer privaten Bibliothek fand und sogleich von der Methode der Beweisführung von Satz zu Satz, von Beweis zu Beweis überwältigt war.

Daneben orientiert er sich an der damals modernen Naturwissenschaft. Im Stile Galileis ging Hobbes von Körpern aus, die er in drei Gruppen teilt: Die erste bilden die toten und lebendigen Körper der außermenschlichen Welt, die zweite die rein materiellphysiologisch verstandenen menschlichen Körper und die dritte schließlich der corpus politicum oder body politick, der politische Körper, auch Staat genannt. Der Name Leviathan ist dem Buch Hiob sowie dem Propheten Jesaia aus der Bibel entlehnt.154 Wie wir uns den mythischen Leviathan genau vorzustellen haben, ist unklar, er wurde meist als Wassertier dargestellt, also als eine Art Krokodil, Walfisch oder ähnliches, während der mit ihm gemeinsam auftretende Behemoth ein Landungeheuer ist, ein Elefant, Stier oder dergleichen. Es gibt diese beiden Ungeheuer natürlich nicht nur in der Bibel, sondern auch in der kabbalistischen Tradition.

6.1 Erster Teil des Leviathan: Vom Menschen (Of Man)

Die Kapitel eins bis neun des ersten Teils des Leviathan enthalten Hobbes naturalistische Konzeption des Menschen mit der Kernaussage, dass alle Menschen nach Selbsterhaltung und Lustgewinn streben und dass alle ihre komplexeren Äußerungen und Gefühlsregungen auf diese letzten Elemente zurückzuführen sind. Hobbes’ Sprachtheorie ist bemerkenswert modern. Wörter sind zunächst nur Namen, die als Merk- und Kennzeichen der Erinnerung gebraucht werden.

Jedes benannte Ding ist individuell und einzeln. „Es ist nämlich auf der Welt nichts allgemein außer den Namen"", so dass sich vielerlei Arten von möglichen Fehlschlüssen ergeben, wenn nämlich Dinge mit dem gleichen Namen bezeichnet werden, die sinnvollerweise nichts gemeinsam haben. Alle Allgemeinheit, alles Zusammenfassen ist lediglich eine Operation der Sprache, die vorgenommen wird wegen einer Ähnlichkeit in einer Hinsicht. Hobbes ist radikaler Nominalist.

Die Wissenschaft beginnt dort, wo man die Namen richtig definiert. Hobbes hält die richtige Definition in der Tat für den Anfang aller Wissenschaft und hält dementsprechend eine definierende Disziplin, nämlich die Geometrie, für die erste und einzige richtige Wissenschaft. „Wörter sind die Rechensteinchen der Klugen, mit denen sie nur rechnen. Sie sind aber das Geld der Narren, die es nach der Autorität eines Aristoteles, eines Cicero oder eines Thomas oder sonst irgendeines Doktors von was auch immer bewerten (or any other doctor whatsoever, if but a man), der doch bloß ein Mensch ist.""

Daraus ergibt sich, dass man aus bloßen Namen nichts folgern darf, und schon gar nicht aus Metaphern oder bildhaften Redewendungen, die Hobbes allerdings für weniger gefährlich hält, da deren schwankende Bedeutung ja offenkundig ist. Von hier ist es nicht mehr weit bis zu Nietzsches radikalem Schluss, dass alle unsere Begriffe nichts als Bilder und Metaphern sind, von denen wir dies bloß vergessen haben. "

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