Pädagogische Beratung - Konzepte und Positionen

Pädagogische Beratung - Konzepte und Positionen

 

 

 

von: Katharina Gröning

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2006

ISBN: 9783531901169

Sprache: Deutsch

159 Seiten, Download: 646 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Pädagogische Beratung - Konzepte und Positionen



I. Beratung und Mündigkeit - die ethische Frage in der Pädagogischen Beratung (S. 19)

Das Professionalisierungsproblem von Pädagog/-innen, und Sozialarbeiter/-innen im Arbeitsfeld der nicht-klinischen Beratung wird zumeist als schwierig und wenig lösbar beschrieben, weil Beratung zu einem Alltagsphänomen geworden sei, welches jedem Menschen geradezu inflationär und überall begegne (vgl. z.B. Großmaß 1998).

Als Verkaufsberatung, Anlageberatung, Berufsberatung, Bürgerberatung und schließlich psychosoziale Beratung würde unter Beratung zumeist ein Gespräch verstanden, welches es dem Ratsuchenden selbst überlasse zu entscheiden. Wer Beratung in Anspruch nehme, wolle keine Maßnahmen, sondern erhoffe sich Anregungen, Orientierung, emotionale Unterstützung, ohne im eigenen Handlungsspielraum eingeschränkt zu werden. Die jeweilige Beratung sei zu verstehen im Schnittpunkt zwischen alltäglichen Erwartungen und dem jeweiligen Kontextsignal. Ruth Großmaß (1998, S.2) beschreibt Beratung wie viele Sozialwissenschaftlerinnen systemisch als eine Relation.

Das jeweilige Beratungshandeln könne bezüglich seiner Auswirkung und Bedeutung für den ratsuchenden Klienten nur in einer Relation begriffen werden. Die systemische Perspektive setzt sich bei Großmaß fort in Bezug auf den ethischen Standpunkt des Beraters/der Beraterin: die Beratungsbeziehung wird in einem Luhmannschen Sinn liberal beschrieben, die Mündigkeit der Klientinnen und Klienten vorausgesetzt, jemand der Beratung in Anspruch nehme, wolle keine Maßnahmen.

Zugleich betont Großmaß den Aspekt der Freiheit, welche dem Beratungsbegriff innewohnt. Beratung habe den Zwang verschiedener Institutionen ersetzt. Bildungsberatung träte so an die Stelle von Selektion durch Prüfung und Benotung. Ausbildungsberatung ersetze die Kontrolle durch die Handwerkskammern etc. Orientierungsangebot ohne Manipulation und Zwang (vgl. Großmaß 1998, S. 2), so ließe sich (moderne) Beratung beschreiben.

Mit dem systemtheoretischen Blick auf die psychosoziale Beratung wird auch für die Pädagogische Beratung noch einmal die Frage aufgeworfen, mit der sich seit ihrer Geburtsstunde die Theorien zur pädagogischen Beratung immer wieder befasst haben. Wie soll Pädagogische Beratung im engeren Sinn verstanden werden: als Hilfe zur Mündigkeit, als eine wie auch immer geratene Form der Therapie, als alltägliches pragmatisches Handeln, als soziale Unterstützung, das heißt konkrete Hilfe bei der Alltagsbewältigung oder als Mischform von alle dem?

Der pädagogische Beratungsdiskurs ist voll von konzeptionellen Vorschlägen und metatheoretischen Reflexionen auf das Feld. Daneben hat sich eine von eben diesem konzeptionellen Diskurs ziemlich unabhängige Praxis etabliert: Pädagogische Beratung findet zumeist klassisch als funktionale und punktuelle Sozialberatung in Administrationen statt, das heißt vorwiegend als Information und Auskunft, gekoppelt mit entlastenden Gesprächen und Weitervermittlungen an Netzwerke und Selbsthilfen.

Am stärksten ähnelt die Bildungsberatung der Sozialberatung, denn es handelt sich hier ebenfalls um einen funktionalen Ansatz, in dessen Mittelpunkt Information und sachliche Aufklärung steht. Daneben tritt die Erziehungsberatung, die aber zumeist eine psychologische Beratung im Sinne von Verhaltensmodifikation und Psychoedukation, wenn nicht eine Form der Therapie ist. Die Frauenberatung, ein wichtiges Feld der Pädagogischen Beratung, verbindet feministische Aufklärung mit psychosozialen Hilfen und entlastenden Gesprächen.

Frauenberaterinnen haben vor allem die ethische Frage in der Beratung aufgeworfen und kritisieren bürokratische Einstellungen und Expertenhaltungen. Sie verstehen Beratung als eine Form angewandter Solidarität mit Frauen und sehen ihre Praxis deshalb als Prozess und als Kombination von Beratung und Hilfe. Für die Frauenberatung gilt insbesondere, dass sie es mit einem nicht unerheblichen Anteil an traumatisierten Ratsuchenden zu tun hat. Manchmal sind die Ratsuchenden durch patriarchalische Gewalt traumatisiert, immer häufiger kommt es aber auch vor, dass solche Klientinnen die Frauenberatungsstellen aufsuchen, die an anderen Stellen abgewiesen worden oder deren Hilfemaßnahmen beendet sind, psychisch kranke Frauen oder obdachlose Frauen.

Aktuell gehört zur pädagogischen Beratung auch die interkulturelle Beratung, die konzeptionell der Frauenberatung am nächsten kommt. Deutlicher als in der Beratung von Frauen hat es die interkulturelle Beratung allerdings mit strukturell entrechteten Personen zu tun. Erfahrungen von Scham und Entehrung und der professionelle Umgang damit, d.h. neben unterstützendem und rechtlich aufklärendem Handeln ist die Hilfe bei der Gefühlsverarbeitung entscheidend, spielen in diesen Beratungsfeldern also eine wichtige Rolle.

Kategorien

Service

Info/Kontakt

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek