Einführung Pädagogik - Begriffe, Strömungen, Klassiker, Fachrichtungen

Einführung Pädagogik - Begriffe, Strömungen, Klassiker, Fachrichtungen

 

 

 

von: Jürgen Raithel, Bernd Dollinger, Georg Hörmann

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2007

ISBN: 9783531905914

Sprache: Deutsch

356 Seiten, Download: 1815 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Einführung Pädagogik - Begriffe, Strömungen, Klassiker, Fachrichtungen



1 Pädagogik, Erziehungswissenschaft (S. 10)

1.1 „Plädoyer für Erziehung“

„Erziehung ist das eine und ganze Thema der Pädagogik, Erziehung und nicht Sozialisation, auch nicht Entwicklung oder Lernen oder Kommunikation, und schon gar nicht Therapie, Fürsorge, Sozialarbeit, Lebensbegleitung oder was sonst noch alles angeführt wird, um dem offenbar etwas unbequemen und unübersichtlichen Sachverhalt des Erziehens auszuweichen.

In der Tat lässt sich beobachten, dass es mit der Erhebung der Pädagogik zur Erziehungswissenschaft zu einem wahrhaft inflationären Import auswärtiger Themen und Begriffe gekommen ist, von denen nur zu ahnen ist, dass sie irgendwie etwas mit Erziehen zu tun haben“. Mit dieser Einleitung beginnt das Buch „Plädoyer für Erziehung“ von PRANGE (2000, 7).

Wenn folglich von Erziehungswissenschaft die Rede ist, steht nicht nur gegenüber der älteren Bezeichnung Pädagogik in Frage, ob Erziehungswissenschaft eine Wissenschaft von der Erziehung, die sich aus der Pädagogik entwickelt habe, ist (vgl. BREZINKA 1971). Es ist auch zu fragen, ob sie überhaupt eine Wissenschaft von der Erziehung sein kann. Denn was Erziehung ist, ist durchaus umstritten, und damit besteht Unklarheit über den Gegenstand dieser Wissenschaft.

So machen in dem Sammelband „Zur Sache der Pädagogik“ die Herausgeber FUHR/SCHULTHEIS (1999, 7) gleich in der Einleitung „auf ein folgenreiches Problem der Erziehungswissenschaft aufmerksam. Es besteht in der Unklarheit über ihren genuinen Gegenstand. Es gibt heute eine Vielfalt pädagogischer Handlungsfelder.

Aber es ist unbestimmt, worin der innere Zusammenhang der verschiedenen Praxen [...] besteht, durch den sie als pädagogische erkennbar werden“. Von vielen Pädagogen wird auf den Erziehungsbegriff ganz verzichtet, etwa wenn gesagt wird, Schule „erziehe“ nicht, sondern „bilde“, oder wenn Sozialpädagogen weder „erziehen“ noch „bilden“, sondern „helfen“. Es scheint, als wäre „Erziehung“ suspekt geworden. Ihr wird ein autoritärer Beigeschmack zugeschrieben und sie ist gewissermaßen belastet mit Tendenzen von Unterdrückung, Entmündigung, Gängelung oder Engstirnigkeit (vgl. LOCH 1998, 312).

Während medienwirksam von Journalisten eine „Erziehungskatastrophe“ (GASCHKE 2001) oder ein „Erziehungsnotstand“ (GERSTER/NÜRNBERGER 2001) beklagt wird, verdeutlicht PRANGE (2000, 12) die Suche nach weniger anstößigen Vokabeln und Ausweichbegriffen, indem er ironisch schreibt: „Folgte man der Nomenklatura der sich avantgardistisch gebenden Pädagogik, dann dürfte von alleinerziehenden Müttern und Vätern nicht mehr die Rede sein, sondern man hätte von alleinversorgenden Lebensbegleitern und teilhabebehilflichen Beziehungsarbeiterinnen zu sprechen, die es im unglücklichen Falle auch nicht mehr mit schwererziehbaren Kindern zu tun haben, sondern mit aushandlungsresistenten Fällen in erschwerten Lebenslagen“. Es wäre also wenig gewonnen, würde man auf die „Erziehung“ verzichten und den Begriff durch andere ersetzen.

1.2 Grundfunktionen der Pädagogik in historischer Sicht

Sieht man sich die „Ahnengalerie großer Geister“ an, ist neben der Aufgabe der Erziehung bei PESTALOZZI als Herausführung aus dem natürlichen über den gesellschaftlichen zum sittlichen Zustand (HÖRMANN 2003, 106ff, vgl. Kap. B 4) der Zusammenhang von Erziehung und Bildung als ein Prozess der Entwicklung von Disziplinierung, Kultivierung, Zivilisierung, Moralisierung bei IMMANUEL KANT (1724-1804, s. Abb. 1) trefflich charakterisiert.

Die Sittlichkeit/Mo- ralität (Bildung zur moralisch reflektierenden Individualität bzw. zur universalen Menschlichkeit) stellt das höchste „Erziehungsziel“ dar und führt zur gesellschaftlichen Erneuerung. Die Erziehungslehre von Kant stellt den Weg der „Menschwerdung“ von der Natur ausgehend, die Disziplinierung benötigt, bis zur Freiheit dar.

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