Die andere Seite der Bildung - Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen

Die andere Seite der Bildung - Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen

 

 

 

von: Hans-Uwe Otto, Thomas Rauschenbach

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531909721

Sprache: Deutsch

241 Seiten, Download: 1455 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Die andere Seite der Bildung - Zum Verhältnis von formellen und informellen Bildungsprozessen



Karin Böllert Aufwachsen in öffentlicher Verantwortung (S. 209-210)

Zur Bildungsidee des 11. Kinder- und Jugendberichts

1. Einleitung

„Bildung ist der umfassende Prozess der Entwicklung und Entfaltung derjenigen Fähigkeiten, die Menschen in die Lage versetzen, zu lernen, Leistungspotenziale zu entwickeln, zu handeln, Probleme zu lösen und Beziehungen zu gestalten. Junge Menschen in diesem Sinne zu bilden, ist nicht allein Aufgabe der Schule. Gelingende Lebensführung und soziale Integration bauen ebenso auf Bildungsprozessen in Familien, Kindertageseinrichtungen, Jugendarbeit und der beruflichen Bildung auf.

Auch wenn der Institution Schule ein zentraler Stellenwert zukommt, reicht Bildung jedoch weit über Schule hinaus. Bildung entscheidet nicht nur über den ökonomischen Erfolg einer Gesellschaft, sondern vor allem auch über Lebensperspektiven und Teilhabechancen jedes einzelnen jungen Menschen. Sie ist grundlegend für die materielle Sicherheit und die Entfaltung der Persönlichkeit sowie Schlüssel zu einer zukunftsoffenen, sozialen und ökonomisch erfolgreichen Entwicklung jedes Einzelnen und der Gesellschaft. Bildungsanstrengungen haben sich nicht allein an der Sicherung ökonomischer Perspektiven zu orientieren, sondern müssen auch den Bedürfnissen und Interessen der jungen Menschen Rechnung tragen."

Dies sind die ersten beiden von elf Thesen, die 2002 als Leipziger Thesen zur aktuellen bildungspolitischen Debatte gemeinsam vom Bundesjugendkuratorium, der Sachverständigenkommission für den 11. Kinder- und Jugendbericht sowie der Arbeitsgemeinschaft für Jugendhilfe verabschiedet und von vielen Institutionen, Verbänden und Einzelpersonen unterschrieben worden sind (www.agj.de). Dass es in der Geschichte der Kinder- und Jugendhilfe erstmalig zu so einem breiten bildungspolitischen Bündnis gekommen ist, hat einen Grund darin, dass im Anschluss an die Präsentation der Ergebnisse der PISA-Studien, deren Befunde mittlerweile durch weitere Analysen bestätigt worden sind, die Ursachensuche für das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler im internationalen Vergleich sehr schnell die Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe erreichte (vgl. Deutsches PISA-Konsortium 2001, 2003, Bos u.a. 2003, Avenarius u.a. 2003).

Obwohl zunächst einmal nichts anderes als mathematische, naturwissenschaftliche Basis- und Lesekompetenzen 15-jähriger Schülerinnen und Schüler gemessen worden waren, landete die Diskussion der Ergebnisse wenig zielgenau im Bereich der Kindertagesstätten und damit in einem der zentralen Aufga benbereiche der Kinder- und Jugendhilfe, der fortan in seiner Bedeutung als vorschulische Bildungsinstitution – von manchen bereits als Vorschule bezeichnet – im Mittelpunkt des Interesses steht. Während die einen – den umfassenden Bildungsauftrag der Kindertagesstätten verkürzend – die Frage zu beantworten versuchen, was die Kindertagesstätten für die Schule leisten können, gehen andere so weit zu fordern, den Kindertagesstättenbereich ganz aus dem Sozialbereich herauszulösen und statt dessen dem Bildungsbereich zuzuordnen – in der voreiligen Hoffnung dadurch mehr Ansehen und einen Bedeutungszuwachs der hier geleisteten pädagogischen Arbeit erwirken zu können.

Aber auch die nach PISA forcierten Debatten über die Notwendigkeit und die politischen Programme zur einer möglichst flächendeckenden Einführung von Ganztagsschulen gehen nicht spurlos an der Kinder- und Jugendhilfe vorbei. Werden in Zukunft Hortplätze überhaupt noch gebraucht? Wird die Ganztagsschule zu einem zeitlich verlängerten Lernort mit Aufbewahrungscharakter oder erreicht sie die in den Horten erzielte Qualität von Lern- und Lebensort und wenn ja unter welchen Bedingungen und mit welchem Personal? Unter welchen Bedingungen kann Schule hier von der Kinder- und Jugendhilfe lernen? Welchen Sinn machen zukünftig Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit, wenn ihre Adressaten und Adressatinnen zu den nachmittäglichen Öffnungszeiten noch zur Schule gehen?

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