Kreativer denken - Konzepte und Methoden von A-Z

Kreativer denken - Konzepte und Methoden von A-Z

 

 

 

von: Anne Brunner

De Gruyter Oldenbourg, 2008

ISBN: 9783486585629

Sprache: Deutsch

365 Seiten, Download: 3071 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Kreativer denken - Konzepte und Methoden von A-Z



1.11 Kreative Intelligenz (S. 71) 
Ein anderes Modell der Kreativität stellt das Individuum in den Mittelpunkt. Howard Gardner erkennt den Wert des systemischen Ansatzes zwar an, setzt jedoch einen anderen Schwerpunkt. Auch wenn jedes Individuum in einem systemischen Kontext steht – d.h. in Beziehungen zu anderen Personen, zu Bildungsdomänen und zu sich selbst-, so gibt es zwischen den einzelnen Individuen erhebliche Unterschiede: „Individuen unterscheiden sich jedoch untereinander in dem Ausmaß, in dem sie eine oder mehrere dieser Beziehungen betonen, und außergewöhnliche Menschen unterscheiden sich dramatisch untereinander und von gewöhnlichen Individuen durch das Gewicht, das sie auf eine bestimmte Beziehung legen." Gardner 1999, S. 24

Für Gardner, den Begründer des Konzepts der multiplen Intelligenzen, ist Kreativität eine Form von Intelligenz. Nach seiner Analyse gibt es vier kreative Intelligenzformen, die er anhand von Persönlichkeiten prototypisch erläutert: die Meisterschaft, die Neuerung, die Selbstbeobachtung und die Beeinflussung.

1. „Mozart ist das Beispiel für den Meister. Der Meister ist ein Individuum, das völlige Meisterschaft über eines oder mehrere Bildungsgebiete erlangt hat. Seine oder ihre Neuerung vollzieht sich innerhalb einer etablierten Praxis.

2. Freud dient uns als Beispiel für den Neuerer. Ein Neuerer kann eine bereits existierende Domäne gemeistert haben, aber er konzentriert seine Energien auf die Schaffung eines neuen Gebiets. Freud schuf das Gebiet der Psychoanalyse.

3. Virginia Woolf ist unser Beispiel für die Selbstbeobachterin oder Introspekteurin. Den höchsten Stellenwert hat für eine solche Person die Erkundung seines oder ihres Innenlebens: der alltäglichen Erfahrungen, mächtigen Bedürfnisse und Ängste, der (eigenen oder fremden) Bewußtseinsvorgänge.

4. Gandhi steht als Beispiel für den Beeinflusser. Das vornehmste Ziel einer solchen Person ist die Einflußnahme auf andere Individuen. Gandhi übte Einfluß durch seine Führung verschiedener politischer und sozialer Bewegungen aus, durch sein machtvolles persönliches Beispiel, und, weniger direkt, durch seine anregenden autobiographischen und moralischen Schriften." Ebd. S. 25

Die Grenzen zwischen den Intelligenzformen sind nicht starr, sondern fließend. Dies zeigt Gardner am Beispiel von dem Nervenarzt Sigmund Freud, der als Begründer der Psychoanalyse mehr oder weniger alle vier Prototypen in sich vereint.

Dem Einwand, dass dieses Modell die Bedeutung des Einzelnen zu sehr betont, begegnet Gardner wie folgt: „Tatsächlich haben häufig gerade jene, die von der Bedeutungslosigkeit des Individuums überzeugt waren (wie Leo Tolstoi oder Karl Marx), diese Auffassung durch den enormen Einfluss ihrer eigenen Werke Lügen gestraft." Ebd. S. 29

Es ist sicher ein verdienstvoller Versuch, das Phänomen „Kreativität" durch solche Konzepte und Modelle greifbar zu machen. Dennoch werden sie die Realität niemals vollständig erfassen können. Würden wir bei den folgenden Worten eine herausragende kreative Persönlichkeit erwarten?

„Ich kam nicht aus einer musikalischen oder intellektuellen Familie. Ich bin kein Osteuropäer. Ich bin, soweit ich weiß, kein Jude. Als ich klein war, war ich kein Wunderkind. Ich habe kein fotografisches Gedächtnis und spiele auch nicht schneller als andere Menschen. Ich spiele nicht gut vom Blatt ab. Ich brauche acht Stunden Schlaf. Ich sage aus Prinzip keine Konzerte ab, nur wenn ich wirklich krank bin. Meine Karriere verlief so schleppend, dass ich das Gefühl habe, dass entweder mit mir oder mit allen anderen in diesem Beruf etwas nicht stimmt.

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