Leben, auch wenn wir sterben - Christliche Hoffnung lernen und lehren

Leben, auch wenn wir sterben - Christliche Hoffnung lernen und lehren

 

 

 

von: Karin Ulrich-Eschemann

Vandenhoeck & Ruprecht, 2008

ISBN: 9783525581728

Sprache: Deutsch

129 Seiten, Download: 2363 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Leben, auch wenn wir sterben - Christliche Hoffnung lernen und lehren



II Persönliche Aneignungen (S. 33-34)

Memento

Der erste Tod ist immer der Tod des anderen – Betrachtung zu dem Gedicht »Memento« von Mascha Kaléko

Vor meinem eigenen Tod ist mir nicht bang,
nur vor dem Tod derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben,
wenn sie nicht mehr sind?
Allein im Nebel tagt ich todenlang
und lass mich willig in das Dunkel treiben.
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.
Der weiß es wohl, dem dieses widerfuhr –
und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt:
Den eignen Tod, den stirbt man nur,
doch mit dem Tod der anderen
muss man leben.
Mascha Kaléko: An den Wind geschrieben. Lyrik der Freiheit, Manfred Schlösser,
Darmstadt 1960


Das Frappierende an diesem Gedicht ist seine Evidenz, die zunächst Anfragen und Widerspruch auszuschließen scheinen. Besonders ansprechen will die Dichterin wohl die Menschen, die den Tod anderer schmerzhaft und leidvoll erfahren haben. Nicht das Sterben ist Thema, sondern allein der Tod. Eine der zentralen Aussagen ist die, dass kein Mensch seinen eigenen Tod erfährt, nur sein eigenes Sterben, sehr wohl aber und eigentlich ausschließlich den Tod anderer. Der Tod naher Menschen ist besonders schmerzlich. Wir dürfen annehmen, dass die Dichterin den Tod eines nahen Menschen erlebt hat und gelernt hat, sich mühsam ohne diesen Men- schen im Leben zu bewegen. Zunächst ist da wohl eher Verzweiflung und Einsamkeit, ein Stück eigenes Todesempfinden, ausgelöst durch den Tod des anderen / der anderen (»Allein im Nebel tagt ich todenlang und lass mich willig in das Dunkel treiben.«).

Der Tod ist endgültig, auch das kann das Gedicht klarmachen. Aber ist entschieden und ist es so ohne Weiteres evident, ob das Bleiben auf der Welt (»die Hinterbliebenen«) mehr schmerzt als das Gehen von dieser Welt? Die Trennung ist für beide endgültig, auch für den, der die Welt verlässt und ebenso allein ist. Ines Pedro hat in ihrem Roman »Du fehlst mir« versucht, diese Trennung zu kompensieren durch ein fiktives Weiterleben der Beziehung. In dem Roman ist es zunächst die verstorbene Frau im Jenseits, die den Partner vermisst. Der Tod ist endgültig, die Trennung geliebter Menschen ist endgültig. Das Gedicht kennt keinerlei Trost und Hoffnung, die die Endgültigkeit auffangen könnten, sei es durch eine vage Hoffnung des Wiedersehens im Jenseits. Es gibt gewiss viele Menschen, die mit dieser Endgültigkeit leben.

Christliche Hoffnung kann sich nicht einfach in das Gedicht eintragen, sie kann nur eine Alternative aufzeigen und anbieten. Gewiss regt das Gedicht dazu an, diese Alternative in einem Gedicht zu versprachlichen oder aber auch das Gedicht von Marie Luise Kaschnitz »Ein Leben nach dem Tode« neben Kalékos Gedicht zu stellen. Trost kann sich anbieten in der verheißenen Hoffnung auf die Auferstehung, in der Gewissheit des Verbundenbleibens mit den Toten in Christus und in der Aussicht auf ein Wiedersehen mit ihnen im Reich Gottes.

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