Salutogenese

Salutogenese

 

 

 

von: Rüdiger Lorenz

Ernst Reinhardt Verlag, 2005

ISBN: 9783497016976

Sprache: Deutsch

209 Seiten, Download: 1152 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Salutogenese



4 Spezielle Aspekte: die Emotionen, die Sinnsuche und die Identität (S. 52-53)

„Und doch sind die Gefühle das Wichtigste im Leben, weil erst sie die Wucht und Zartheit, den Glanz und das Trübe in die Welt bringen, von wo her den Menschen überhaupt erst irgend etwas wichtig ist."

Hermann Schmitz


4.1 Die Regulierung der Emotionen

Der Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls hat entscheidende Bedeutung für die psychische Gesundheit, und so soll an dieser Stelle die Betrachtung dieses Aspekts zunächst vertieft werden.

Wir leben koexistierend in Umweltbeziehungen und sind daher bestrebt, in unserer Umwelt etwas zu bewirken und für unser Handeln, für unsere Wirksamkeit gegenüber unseren Mitmenschen wahrgenommen und geachtet zu werden. Dabei erfährt sich der Mensch als wirksam im Umgang mit unbelebten Dingen und mit belebten Wesen. In der Interaktion werden die persönlichen Konstrukte durch reale Erfahrungen überprüft, das Ich wird in seinen Funktionen des Wahrnehmens, des Denkens, des Fühlens, auch der Realitätsprüfung usw. bestärkt. Eine der wesentlichen Ich-Leistungen ist daher die Ausbildung der Identität, die aus stabil gewordenen Konzepten des Ich und über das Selbst erwächst. Ein positives Selbstwertgefühl kann sich nur entwickeln und erhalten, so lange sich ein Mensch im jeweiligen Kontext angenommen und gebraucht fühlt, so lange er Aufgaben findet, in welchen er Bestätigung erhält und sein Leben somit als sinnvoll erfährt. Ein positives Selbstwerterleben entwickelt sich im Angenommensein und Geliebtwerden von der jeweiligen Betreuungsperson im Kleinkindalter, und wer immer dies aufbauen konnte, wird später eher in der Lage sein, andere zu veranlassen, ihm mit freundlicher Ansprache zu begegnen. Beziehungen, die durch achtungsvolle und wertschätzende Aufmerksamkeit des Gegenübers gekennzeichnet sind, haben daher überdauernde Qualität und stellen lebenslang eine der wichtigsten Ressourcen für ein gutes Selbstwerterleben bereit.

Vom Standpunkt der Psychoanalyse aus gesehen, findet der Begriff Selbstwert im Narzissmuskonzept nach Mentzos (1997, 53) seinen Niederschlag, der sich auf Kohut (1979) bezieht: „So ist [. . .] die narzißtische Homöostase (die Regulation des Selbstwertgefühls) sehr stark von der narzißtischen Zufuhr, also von den Objekten abhängig. Dies gilt auch für den psychologisch gesunden Erwachsenen, der ,weiterhin die Spiegelung durch Selbstobjekte (um genau zu sein: durch die Selbstobjekt-Aspekte seiner Liebesobjekte) braucht‘ [. . .]" Spitz und Mahler hatten den Fokus in diesem Zusammenhang auf den primären Narzissmus gelegt und sprechen von dem passiven, undifferenzierten Säugling, der hauptsächlich mit seinen inneren Zuständen nach dem Lust-Unlustprinzip beschäftigt sei. Sie hatten noch keine differenzierten Beobachtungskriterien entwickeln können, wie dies heute in der modernen Säuglingsforschung der Fall ist.

Ihre Erkenntnisse finden nicht zuletzt ihren Niederschlag in den Erziehungsmaximen ganzer Generationen, ist doch das psychoanalytische Schrifttum seit Freud durchzogen von der Annahme, dass der Mensch erst durch Frustration und Versagung den Blick für die Realität entwickele. So müsse schon der Säugling in der Situation des primären Narzissmus verharren, wenn er auf jede Triebspannung Befriedigung erfahre, und sei daher später nicht motiviert, die Realität wahrzunehmen. Derartige Annahmen sind nach heutigen Erkenntnissen fragwürdig geworden und nicht mehr haltbar.

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