Das so genannte Innere Kind - Vom Inneren Kind zum Selbst

Das so genannte Innere Kind - Vom Inneren Kind zum Selbst

 

 

 

von: Willy Herbold, Ulrich Sachsse (Hrsg.)

Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften, 2007

ISBN: 9783794564316

Sprache: Deutsch

159 Seiten, Download: 18693 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Das so genannte Innere Kind - Vom Inneren Kind zum Selbst



1.2 Zu den jungianischen Ahnen des Inneren Kindes (S. 10)

Sigmund Freud war der Begründer der Psychoanalyse, und mit ihm gemeinsam hat C. G. Jung mehrere Jahre die Entwicklung dieser Methode gestaltet. Letztlich kam es aber 1912 zur Trennung, da sich ihre Auffassungen u. a. über die Lebensenergie (Libido) zu weit unterschieden. Während Freud eher die (sexuelle) Triebdynamik als letztlichen Hintergrund des seelischen Geschehens verstand, wollte Jung diesen Begriff deutlich erweitern und allgemein menschliche Strukturen einbeziehen.

Für ihn waren besonders die fi nalen Aspekte, das heißt die sinnsuchenden und sinngebenden Tendenzen der Psyche, wichtig. Diese betrachtete er unter philosophischen und weltanschaulichen Kategorien, die so dem bewussten Ich direkter zugänglich seien. Aus heutiger Sicht kann man in diesen beiden Richtungen der Psychoanalyse sicher eine wechselseitige Ergänzung sehen: Sie stellen gewissermaßen eine Zweiheit dar, die sich in der Polarität zu einem Ganzen zusammengefügt.

C. G. Jung hat in seiner Analytischen Psychologie spezifi sche Akzente gesetzt und damit zahlreiche Impulse in die tiefenpsychologische und psychoanalytische Ent wicklung eingebracht, die den symbolischen Spiel- und Handlungsraum gleich wertig neben dem Interpretations- und Deutungsraum bestehen lassen.

Für Jung waren das »Tun« und das »Verstehen« für den therapeutischen Wachstumsprozess in gleichem Maße wichtig. Das führte dazu, dass sich die Analytische Psychologie neben der Sprache grundsätzlich auch für andere Ausdrucksformen unbewusster Prozesse – wie etwa das Malen, Gestalten, Musizieren oder Tanzen – interessierte und sich in diesem Sinne schon früh methodenübergreifend oder integrativ verstand.

Die symbolischen Ausdrucksformen werden sowohl im Kontext des erwachsenen Ich-Bewusstseins (d.h. auch weltanschaulich oder philosophisch) integriert als auch als Repräsentation früher Erfahrungsmuster verstanden. Dabei spielt die Rückbeziehung auf frühe individuelle Erfahrungen und deren Anbindung an die gegenwärtige Persönlichkeitshaltung ebenso eine Rolle wie die Frage, wie diese inneren Bilder sinnvoll und adäquat in der Gegenwart umgesetzt und gelebt werden können.

Jung betonte sehr früh, dass der Dialog mit den frühen inneren seelischen Wirklichkeiten grundsätzlich ambivalent sei: Es geht hier um das Spannungsfeld zwischen kindlich (als Ausdruck einer ursprünglichen Kreativität und Lebendigkeit) einerseits und kindisch (i.S. einer Regression auf infantile, unreife Verhaltensweisen) andererseits.

Diese Ambivalenz in Bezug zu archetypischem und persönlichem Material bestimmt in gewissem Sinne die Analytische Psychologie und spiegelt sich auch in der Konzeption zentraler Begriffe wie etwa »Archetyp« und »Komplex« wider. Letztlich kann diese Ambivalenz nur im Kontext der sinnvollen Bezogenheit zu sich selbst und anderen allmählich aufgelöst werden.

Ich glaube, dass die Analytische Psychologie einen fruchtbaren Boden bereitstellen konnte, aus dem heraus viele Entwicklungen möglich wurden, etwa in der humanistischen Psychologie, aber auch in der tiefenpsychologischen und verhal- tenstherapeutischen Arbeit mit Imaginationen und anderen kreativen Ansätzen. So haben sich beispielsweise aus der Aktiven Imagination, in der das bewusste Ich in einen aktiven Dialog mit inneren Symbolgestalten (den Komplexen) tritt, wichtige Impulse für die Ausdifferenzierung der Katathym-Imaginativen Psychotherapie (KIP) durch H. Leuner (Bolle 2005b) ergeben.

Des Weiteren haben sich viele jungianische Perspektiven in die Entwicklung der Kreativ-Therapien, insbesondere der Analytischen Kunst-Psychotherapie (Schaverien 1992) eingewoben. Wichtige Grundpositionen der Analytischen Psychologie haben heute ein Comeback im Kontext moderner Forschungsergebnisse aus der Hirnphysiologie, der Verhaltenstherapie und der traumazentrierten Psychotherapie erfahren.

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