Rätsel Mensch - Antworten der Soziologie

Rätsel Mensch - Antworten der Soziologie

 

 

 

von: Gerhard Schmied

Verlag Barbara Budrich , 2007

ISBN: 9783866490758

Sprache: Deutsch

257 Seiten, Download: 1481 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Rätsel Mensch - Antworten der Soziologie



3. Der Mensch als Geistwesen (S. 31)

Geistesgeschichtlicher Hintergrund
Im Buch Genesis wurde festgestellt, dass das Nicht-materielle, der Odem Gottes, den Menschen auszeichnet. Diese Idee, etwas Göttliches in sich zu tragen, das den Menschen charakterisiert, ist durch viele Zeitalter hindurch von Bedeutung gewesen und wurde unter verschiedene Begriffe gefasst. Noch nahe an der biblischen Botschaft mit der Vorstellung des Atems (hebräisch: ruach) waren im Griechischen der Begriff „pneuma" und im Lateinischen „spiritus" angesiedelt.

Die nächste Begriffsschicht, mit der diese Idee festgehalten wurde, ist schon weniger konkret, dem griechischen „psyche" und dem lateinischen „anima" entspricht im Deutschen der Begriff der Seele. Später wurde das besondere Vermögen des Menschen im Geist gesehen, der als Vernunft näher spezifiziert wurde. Dem entspricht im Griechischen „nous", und das Lateinische kennt gleich mehrere Begriffe, die dazu synonym gebraucht werden: „ratio", „animus", eventuell noch „intellectus".

Und hier sind wir bei der überragenden Bedeutung des antiken Erbes für das westliche Menschenbild angelangt. Die Hauptverdienste dieses antiken Erbes liegen darin, dass der Mensch als Naturwesen (Kap. 9) aufgefasst, und eben vor allem darin, dass er als von der Vernunft bestimmt gesehen wurde. In diesem Sinne unterscheidet Aristoteles (384-322) neben der anima vegetativa, die der Menschen mit den Pflanzen teilt, und der anima sensitiva, die auch von den Tieren besessen wird, die anima rationalis (Landmann 1982, S. 91), die nur dem Menschen eigen ist.

Aristoteles konstatiert in seiner Nikomachischen Ethik: „Gesucht wird aber, was nur dem Menschen eigentümlich ist ... So bleibt schließlich nur das Leben als Wirken des rationalen Seelenteils" (1983, S. 16f.). Der Mensch ist das animal rationale, das vernünftige Tier, so sagt es Thomas von Aquin (um 1225-1274), oder – wie Immanuel Kant es ausdrückt – das „animal rationabile", das zur Vernunft fähige Wesen, die „Vernunftfähigkeit" ist nur ihm gegeben (nach: Altner 1972, S. 168). Friedrich Schiller (1759-1805) schreibt über ihn:

„Jetzt fiel der Thierheit dumpfe Schranke,

Und Menschheit trat auf die entwölkte Stirn,

Und der erhab’ne Fremdling, der Gedanke,

Sprang aus dem staunenden Gehirn" (1999, S. 253).

Als besondere Leistungen der Vernunft gelten die Bildung von Allgemeinbegriffen und ihre Verknüpfung, die zu Schlussfolgerungen und Gesetzen führen können, ferner die hypothesenbildende Phantasie, die Zerlegung und Synthese von Phänomenen und nicht zuletzt ihre Berechenbarkeit, auch in mathematisierter Form (Landmann 1982, S. 117ff.). In der Charakterisierung des Menschen als eines vernünftigen Wesens scheint sich aber auch vieles von den anderen Charakterisierungen zu bündeln.

Der Begriff kann als allgemeine Formel begriffen werden, in der auch die Vorstellungen der Kulturschöpfung und des Sprachvermögens inbegriffen sind. Der Mensch als Vernunftwesen scheint die Formel zur Charakterisierung unseres Daseins schlechthin zu sein. Das ist auch in der biologischen Bezeichnung noch zu verspüren, mit der Carl von Linné die heute lebende Menschenart bezeichnete. Der „homo sapiens" ist der weise, weil vernunftbegabte Mensch.

Die antiken Griechen waren es, die in ihrer Philosophie die Idee des vernunftbegabten Menschen ausfalteten. Und hier zeigen sich auch erste Unterschiede zum biblischen Menschenbild.

Kategorien

Service

Info/Kontakt

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek