Das Alte Testament

Das Alte Testament

 

 

 

von: Christoph Levin

C.H.Beck, 2001

ISBN: 9783406447600

Sprache: Deutsch

129 Seiten, Download: 614 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Das Alte Testament



3. Das Alte Testament als die religiöse Überlieferungsliteratur der nachexilischen Judenheit (S. 21-22)

a) Die Trägerschaft.
Das Alte Testament ist die Heilige Schrift der Judenheit und der vordere und bei weitem größte Teil der Heiligen Schrift der Christenheit. In dieser Gestalt ist es auf uns gekommen. Um es angemessen zu verstehen, muß man wissen: Es ist nie etwas anderes gewesen. Seine heutige Eigenschaft als Heilige Schrift bestimmt zugleich seinen Ursprung. Den unbefangenen Leser muß diese Feststellung überraschen; denn sie widerspricht der Selbstaussage des Textes. Das Alte Testament stellt sich vielmehr zu großen Teilen dar als das Zeugnis der Geschichte des Alten Israel. Das Geschichtswerk, das die Bücher Genesis bis Könige umfaßt, endet mit der Zerstörung Jerusalems durch die Neubabylonier im 6. Jh. v. Chr.: mit jenem Ereignis, das nach unserem heutigen Verständnis die Entstehung des Alten Testaments ausgelöst hat. Das Alte Testament beginnt, wo das Alte Israel endet.

Der aufmerksame Leser dürfte freilich schon auf der ersten Seite der Bibel gestutzt haben: Am Anfang steht die Erschaffung der Welt. Eine Darstellung, die derart von metaphysischen Voraussetzungen ausgeht, kann nicht Geschichte als solche wiedergeben. Im Alten Testament hat sich eine religiöse Gemeinschaft ihre Vergangenheit als Gottesgeschichte vergegenwärtigt, um ihre Zukunft wiederzugewinnen.

Für diese Vergegenwärtigung der Vergangenheit gab es literarische Quellen; doch deren Bestand ist, gemessen am heutigen Text, gering. Es sind nur Reste, die eine Kette historischer Katastrophen übriggelassen hat. Den Niederlagen waren nicht allein die Archive zum Opfer gefallen, sondern auch jene Institution, deretwegen die Dokumente verschriftet worden waren: 722 das israelitische und 587 das judäische Königtum.

Literatur braucht zu ihrer Entstehung einen institutionellen Rahmen und ein wirksames Interesse. Das gilt zumal für religiöse Literatur und zumal in der Antike. Dieser Rahmen ist für die eigentlichen Anfänge des Alten Testaments, soweit wir sehen können, die Gemeinde des zweiten Tempels in Jerusalem gewesen, der auf persische Veranlassung in den Jahren 520 bis 515 v. Chr. aus den Trümmern wiedererstand. Mit großer Wahrscheinlichkeit gab es an diesem Heiligtum eine Schreibkammer sowie ein literarisches Archiv, man kann auch sagen: eine theologische Schule.

b) Das literaturschaffende Interesse.

Das nachexilische Heiligtum führte unter persischer Oberhoheit den judäischen Zentralkult weiter, obwohl es seinen königlichen Stifter und Träger verloren hatte. Der Selbstwiderspruch, der darin lag, nötigte zu einer umfassenden Neuinterpretation der überkommenen Religion. Ihr Ausdruck wurde die Vorstellung der unmittelbaren, nicht mehr durch das Königtum vermittelten Herrschaft Gottes.

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