Lehrbuch der Palliativmedizin

Lehrbuch der Palliativmedizin

 

 

 

von: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, Lukas Radbruch

Schattauer GmbH, Verlag für Medizin und Naturwissenschaften, 2007

ISBN: 9783794564040

Sprache: Deutsch

1450 Seiten, Download: 12264 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Lehrbuch der Palliativmedizin



Im Mittelpunkt der Palliativmedizin steht die Behandlung und Begleitung von Patienten mit einer nicht heilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei begrenzter Lebenserwartung, wie z. B. Tumorerkrankungen, AIDS, chronische internistische, neurologische und geriatrische Erkrankungen sowie pädiatrische Stoffwechselerkrankungen in der Terminalphase. Ziele des ganzheitlichen Behandlungskonzeptes sind die umfassende und fachgerechte Linderung belastender Krankheitssymptome, Hilfe bei der Krankheitsbewältigung, Rehabilitation, Verbesserung der Lebensqualität und Sterbebegleitung. Um diese zu erreichen, ist es notwendig, dass Ärzte verschiedener Fachrichtungen, Pflegepersonal und alle anderen Berufsgruppen, die unheilbar Kranke betreuen, auf diesem Gebiet sehr gut aus-, fort- und weitergebildet sind und eng miteinander kooperieren. Eine extreme Herausforderung, bei deren Bewältigung dieses Lehrbuch eine große Hilfe ist.

Änderungen gegenüber der 1. Auflage:

- Aktualisierung unter Berücksichtigung der Fortschritte und neuen Entwicklungen in der Palliativmedizin
- Einbeziehung von zusätzlichen Krankheitsgruppen in die palliativmedizinische Versorgung (z. B. fortgeschrittene chronische internistische Erkrankungen)
- Umfassende Überarbeitung der Kapitel, vor allem in den Bereichen pädiatrischer und geriatrischer Palliativmedizin, gastrointestinaler Symptome, Pflege
- Neue Kapitel zu Autonomie, Evaluation der Lebensqualität, Fatigue, Krisenintervention bei palliativmedizinischen Notfällen, terminaler Sedierung, Forschung in der Palliativmedizin

Der Verlag über das Buch

- Umfassendstes Handbuch der Palliativmedizin im deutschsprachigen Raum
- Orientierung an den internationalen Standards der Europäischen Gesellschaft für Palliativmedizin
- Inhalte entsprechen den derzeit gültigen palliativmedizinischen Curricula für Medizinstudenten, Ärzte (Zusatzweiterbildung Palliativmedizin) und Krankenpflegekräfte (Palliative-Care-Ausbildung)
- Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)

In den angelsächsischen Ländern ist die Palliativmedizin bereits seit Jahren eine etablierte und offiziell anerkannte Fachrichtung mit Universitätslehrstuhl. In Deutschland dagegen wurden die ersten Palliativstationen - ausgehend von der Hospizidee - erst vor gut 10 Jahren gegründet. Ein von der Bundesregierung geförderter Modellversuch hat zur bundesweiten Weiterverbreitung des Palliativgedankens beigetragen. Es fehlen jedoch bisher weitgehend qualifizierte Lehr- und Ausbildungsangebote, sowohl für pflegerisches als auch für ärztliches Personal. Das vorliegende Buch schließt hier eine deutliche Lücke: es ist das erste deutschsprachige Lehrbuch für Palliativmedizin.

Die Palliativmedizin beinhaltet die Behandlung und Begleitung von Patienten mit einer nicht heilbaren, progredienten und weit fortgeschrittenen Erkrankung mit begrenzter Lebenserwartung, wie z. B. Tumorerkrankungen, Aids, neurologische und geriatrische Erkrankungen sowie pädiatrische Stoffwechselerkrankungen.

Ziele der ganzheitlichen Behandlung sind:
- umfassende Linderung des Leidens durch konsequente Behandlung quälender Krankheitssymptome
- Hilfe bei der Krankheitsbewältigung für Patienten und Angehörige
- Verbesserung der Lebensqualität

Die Palliativmedizin arbeitet multidisziplinär im Team. Voraussetzung ist die Kooperation zwischen Ärzten verschiedener Fachrichtungen, Pflegepersonal und allen anderen Berufsgruppen, die mit der ambulanten und stationären Betreuung unheilbar Kranker befaßt sind.

103 Autoren aus dem In- und Ausland, Fachärzte der verschiedensten Bereiche, bringen ihre langjährigen Erfahrungen in der Behandlung und Betreuung Schwerstkranker in dieses umfassende Lehrwerk ein. Sie orientieren sich mit ihren Beiträgen an dem international anerkannten Lernzielkatalog der EACP (Curriculum der European Association of Palliative Care). Das Lehrbuch wird von der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) empfohlen.6 Psychologische Begleitung und Stützung in der Palliativmedizin 6.1 Psychotherapie mit Sterbenden (S. 1051-1052)

Karl Köhle

Einleitung
Psychotherapie ist eine Interaktion zwischen einem Patienten und einem Therapeuten (mit einer standardisierten Ausbildung) zum Zwecke der Behandlung von Verhaltensstörungen oder Leidenszuständen. Sie erfolgt durch Kommunikation mit einer lehrbaren Technik und einem definierten Ziel auf der Basis einer Theorie des normalen und abnormalen Verhaltens [17]. Psychotherapie kann auch und gerade bei Todkranken und Sterbenden Leid mindern helfen. Ziel psychotherapeutischer Intervention ist die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung eines ausreichend guten und stabilen Selbstgefühls angesichts der Gefahr einer traumatischen Überwältigung psychischer Funktionen.

Inhaltsübersicht

Psychotherapie für Sterbende
Zielvorstellungen
Klinische Theorie – Orientierung für die Praxis
Psychotherapeutische Interventionsmöglichkeiten
Motivationssysteme
Äußerung von Emotionen
Lebensbewertung im Rückblick
Rolle des Psychotherapeuten im Team

Psychotherapie für Sterbende?

Kliniker und Fachpsychotherapeuten haben lange Zeit das Ausmaß solcher Leidenszustände unheilbar Kranker und Sterbender unterschätzt, die durch Psychotherapie gebessert werden können. Als Onkologen begannen, den Bedarf wahrzunehmen, und Fachpsychotherapeuten um Mitarbeit baten, stießen sie zunächst auf Befremden. Noch um 1970 hatten die Vertreter der wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieschulen – in der Bundesrepublik gehören zur kassen- finanzierten, so genannten »Richtlinienpsychotherapie « die Verhaltenstherapie und die psychoanalytische Psychotherapie – genug damit zu tun, ein Versorgungssystem aufzubauen, das neurotisch Behinderten ein freieres Leben ermöglichen sollte. Die Konzeption des »Facharztes für Psychotherapeutische Medizin« und der Ausbildung zum Psychologischen Fachpsychotherapeuten lassen nun darauf hoffen, dass das Grundlagenwissen dieser Schulen zunehmend auch Patienten am Ende ihres Lebens zugute kommen wird.

Unter dem Druck des klinischen Bedarfs hat sich in der Zwischenzeit aus der interdisziplinären Kooperation zwischen Onkologen und Psychosomatikern bzw. klinischen Psychologen ein Arbeitsbereich entwickelt, für den sich die Be- zeichnung »Psychoonkologie« einbürgerte. Analoge Zusammenarbeit im Rahmen der Hospizbewegung (u. a. Parkes, London) hat zu den eindrucksvollen Fortschritten in der Palliativmedizin und zur Entwicklung differenzierter Fortbildungsansätze beigetragen.

Die Forderung nach fachpsychotherapeutischer Mitversorgung auch unheilbar Kranker und Sterbender entspringt nicht nur dem Trend zur Spezialisierung in der Medizin. Die Erfahrung von Klinikern und die Ergebnisse von Bedarfs- bzw. Inanspruchnahmestudien sprechen vielmehr dafür, dass der Bedarf so groß ist, dass Ärzte und Mitarbeiter im Pflegedienst ihm schon aus Zeitgründen nicht gerecht werden können, selbst wenn sie auch für diesen Teil der klinischen Tätigkeit angemessen fortgebildet wären. Ich versuche, das Ausmaß des Bedarfs anhand eigener Befunde zu verdeutlichen:

Fallbeispiel
Wir implementierten einen drittmittelfinanzierten psychosozialen Konsultations-Liaisondienst in zwei internistisch-onkologischen Kliniken. Je ein psychosozialer Mitarbeiter bzw. eine Mitarbeiterin stand dabei fünf Krankenstationen mit je acht Betten zur Verfügung. Wir evaluierten zwischen 1989 und 1993 den Aufwand für die psychotherapeutische Begleitung von 217 chemotherapeutisch behandelten Patienten mit hämatologischonkologischen Erkrankungen. Die Hälfte dieser Patienten war während des ersten Jahres mehr als 100 Tage stationär, 43 % der 217 Kranken verstarben während des ersten Behandlungsjahres. Während dieses Jahres wurden mit den 217 Patienten insgesamt 6765 Gespräche geführt. Die Gesprächszeit mit jedem Kranken betrug im Durchschnitt insgesamt mehr als 13 Stunden bei einer Einzelgesprächsdauer von durchschnittlich 28 Minuten. In jedem sechsten Gespräch wurde die Auseinandersetzung mit der Todesbedrohung thematisiert.

Die Effektivität psychotherapeutischer Interventionen auf die psychologische Verfassung bzw. die Lebensqualität auch vom Tod bedrohter Malignomkranker erscheint heute gesichert [5]. Jetzt geht es vor allem um die Implementierung solcher Interventionskonzepte in die durchschnittliche klinische und ambulante Versorgung und um die Sicherung ihrer Qualität. Die finanzielle Situation behindert eine solche Umsetzung, obwohl die Kosten für die Mitarbeit von Psychotherapeuten – relativ gesehen – gering sind. So hätte die Übernahme unseres Projektes in die Kassenfinanzierung nur eine Erhöhung des Pflegesatzes der beiden Kliniken um 1,6 % erfordert [18]. Die Finanzierung von Psychotherapie wäre dabei kostenneutral möglich. Sie kann über eine psychologische Stabilisierung und Vermittlung in die häusliche Umgebung zur Verkürzung von Liegezeiten beitragen: Bei einer durchschnittlichen Liegezeit von 20 Tagen pro Patient und Aufnahme müsste in den beiden Kliniken lediglich jede dritte Aufenthaltsperiode um einen Tag verkürzt werden.

Inhalt und Dauer der Gespräche stehen dabei deutlich im Zusammenhang mit Krankheitsbedrohung bzw. ungünstiger Prognose. Bei stärker bedrohten Patienten waren »Tod und Sterben« Thema jeden zweiten Gespräches. Patienten, die während des zweiten Jahres verstarben, nahmen schon im ersten Jahr (zwischen der 17. und 52. Woche) dreimal so viel Gesprächszeit in Anspruch wie Langzeitüberlebende [18].

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