Jürgen Habermas

Jürgen Habermas

 

 

 

von: Walter Reese-Schäfer

Campus Verlag, 2001

ISBN: 9783593415345

Sprache: Deutsch

197 Seiten, Download: 1277 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Mehr zum Inhalt

Jürgen Habermas



4 Die Diskursethik (S. 70-71)

»Je mehr Diskurs, um so mehrWiderspruch und Differenz.« (ND 180)

Die Diskursethik versucht, der Ethik ein rationales Fundament durch die Überlegung zu geben, dass die Reflexion auf die Voraussetzungen zwischenmenschlicher Kommunikation es ermöglicht, die wirklich unverzichtbaren Moralprinzipien zu identifizieren, die jedem menschlichen Zusammenleben zugrunde liegen müssen: die Anerkennung des Anderen, die Gewaltfreiheit der Kommunikation und die Bereitschaft zur Problemlösung und Normenbegründung durch freie und gleiche Diskurse. So kann eine nichtmetaphysische, diesseitige Ethik begründet werden, die geeignet ist für eine Denksituation, in der nur noch sehr naive Menschen auf unscharfe Wertintuitionen oder auf jenseitige Verankerungen zurückzugreifen vermögen.

4.1 Eine fast unbekannte Quelle: George Herbert Mead

Traditionelle, vormoderne Werte, Normen und Lebensstile lösen sich mehr und mehr auf. Man wächst nicht mehr einfach in eine soziale Identität hinein, sondern muss sie sich auf eigenen Wegen suchen und stabilisieren. »Die Existenzform des Alleinstehenden [. . .] ist das Urbild der durchgesetzten Arbeitsmarktgesellschaft. « Die Gesellschaftsentwicklung führt in die Vereinzelung. »Die Negation sozialer Bindungen, die in der Marktlogik zur Geltung kommt, beginnt in ihrem fortgeschrittensten Stadium auch die Voraussetzungen dauerhafter Zweisamkeit aufzulösen.« Dieser Befund des Soziologen Ulrich Beck hat bei Habermas eine Irritation ausgelöst.

Er fragt sich, ob der empirische Befund der »Versingelung« unserer Gesellschaft wirklich Vereinzelung auch im philosophischen Sinn bedeutet. Seine Antwort: Das Ich hat immer schon einen intersubjektiven Kein, weil es sich nur in der Kommunikation mit anderen bilden kann. Die Individualisierung vergesellschafteter Subjekte ist zweideutig: Die alten Bindungen müssen zwar zusammenbrechen, andererseits war dies aber die Voraussetzung dafür, dass überhaupt selbstbewusste Einzelne sich herausbilden konnten. Neue Arten sozialer Bindungen müssten allerdings dann als »Eigenleistung der Individuen« (ND 238) gedacht werden.

Dazu reicht die Subjektphilosophie nicht aus, die das Ich nur als Zentrum einer klugen, egozentrischen und interessengesteuertenWahl zwischen Handlungsmöglichkeiten deutet. Es bedarf einer postkonventionellen Ich-Identität. Diese ist der Kern von Habermas’ Persönlichkeitstheorie. Die selbstgewählte Ich-Identität beschreibt er in Begriffen der Existenzphilosophie, vor allem Kierkegaards. Dessen Idee der Selbstwahl, dass man sich durch die Entscheidung, die Verantwortung für die eigene Lebensgeschichte zu übernehmen, zu dem macht, was man ist, ist Habermas’ Denken sehr verwandt.

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