Lehrbuch Praktische Theologie, Band 1: Religionspädagogik

Lehrbuch Praktische Theologie, Band 1: Religionspädagogik

 

 

 

von: Friedrich Schweitzer

Gütersloher Verlagshaus GmbH, 2006

ISBN: 9783579054025

Sprache: Deutsch

335 Seiten, Download: 1756 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Lehrbuch Praktische Theologie, Band 1: Religionspädagogik



5. Handlungsfelder in biographischer Perspektive (S.197)

Die verschiedenen Handlungsfelder der Religionspädagogik werden häufig in einer institutionell vorgegebenen Anordnung dargestellt (schulische Religionspädagogik/ Religionsunterricht, Gemeindepädagogik usw.). Eine solche Darstellung widerspricht insofern dem religionspädagogischen Erkenntnisstand, als Kinder, Jugendliche oder Erwachsene ihr Verhältnis zu religionspädagogischen Angeboten vor allem im Horizont ihrer eigenen Lebensgeschichte und der damit verbundenen Bedürfnisse, Interessen und Fragen bestimmen.

Dem soll im Folgenden durch eine ausdrücklich biographische Perspektive entsprochen werden. Dies bedeutet umgekehrt nicht, dass theologische Perspektiven, kirchliche Zusammenhänge oder gesellschaftliche Erwartungen und Funktionen ausgeblendet werden könnten. Die Darstellung folgt dem Verständnis, dass zur Religionspädagogik Aufgaben derWahrnehmung und Deutung, aber auch des Handelns gehören.

Deshalb werden im Folgenden in wiederkehrenden Abschnitten »Zur Situation«, »Kriterien und Ziele«, »Aktuelle Handlungsperspektiven« jeweils Grundinformationen geboten, Deutungen und Ziele erörtert und schließlich Handlungsperspektiven formuliert. Darüber hinaus beginnt jeder der drei Abschnitte zu Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter mit übergreifenden Überlegungen aus religionspädagogischer Perspektive.

5.1 Kindheit
5.1.1 Übergreifende Aspekte
Kindheit ist heute Gegenstand einer eigenen sozial- und erziehungswissenschaftlichen Kindheitsforschung. Leitend für diese Forschung ist die Überzeugung, dass Kindheit nicht einfach eine biologisch-physiologisch bestimmte Erscheinung ist, sondern dass sie durch gesellschaftliche Voraussetzungen und Einflüsse erst zu dem wird, was dann als natürliche Kindheit wahrgenommen wird. Dies ist gemeint, wenn Kindheit als Erfindung oder »Konstrukt « bezeichnet wird (Honig 1999).

Die Kindheitsforschung ist in Handbüchern leicht zugänglich (Deutsches Jugendinstitut 1993, Markefka/Nauck 1993, Behnken/Zinnecker 2001). Dazu kommen empirische Surveys (Zinnecker/Silbereisen 1996). 1998 wurden Kinder erst- mals in die bis dahin auf die Jugendlichen beschränkten Berichte der Bundesregierung eingeschlossen (Deutscher Bundestag: 10. Kinder- und Jugendbericht, 1998).

Kindheit als eine geschichtlich wandelbare und gesellschaftlich »konstruierte« Größe wird in dieser Forschung vor allem in folgenden Hinsichten, die hier nur zusammenfassend wiedergegeben werden können, charakterisiert: – Demographische Veränderungen: rückläufige Kinderzahl, Kleinfamilie, postfamiliale Familienformen: Vor allem in Deutschland, aber zum Teil auch in anderen europäischen Ländern ist die Geburtenrate stark rückläufig, so dass die Bevölkerung ohne migrationsbedingten Zuwachs schrumpfen würde.

Für die Erfahrung von Kindern ist darüber hinaus die geringe Zahl von Kindern in der Familie bedeutsam. Ungefähr ein Drittel der Kinder wächst als Einzelkind auf, fast die Hälfte der Kinder mit nur einem Bruder oder einer Schwester, so dass die früher durchaus häufige Situation von Familien mit drei und mehr Kindern nur noch für eine Minderheit bedeutsam ist. Wachsende Scheidungsraten betreffen statistisch gesehen seltener Familien mit (kleinen) Kindern. Noch immer wachsen etwa 80% der Kinder mit beiden leiblichen Eltern auf (Überblick: Nave-Herz 2002).

Allerdings ist zu bedenken, dass die amtliche Statistik die realen Verhältnisse nur noch unzureichend abdeckt. Vielfach gibt es sog. postfamiliale Familienformen (getrenntes Leben trotz aufrechterhaltener Ehe, Zusammenleben nach der Scheidung usw.), die für das Aufwachsen der Kinder bedeutsam sind (Beck-Gernsheim 1998). – Zeitliche Veränderungen: kurze Kindheit, Zeitmanagement: Von einer Verkürzung von Kindheit wird gesprochen, weil das Jugendalter immer früher einsetzt ( 9 227 ff.).

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