Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft

Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft

 

 

 

von: Heinz-Hermann Krüger

Verlag Barbara Budrich , 2006

ISBN: 9783825281083

Sprache: Deutsch

256 Seiten, Download: 2936 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Einführung in Theorien und Methoden der Erziehungswissenschaft



III.2. Forschungsaufgaben (S.246)

Angesichts dieser Entwicklung kommt auf das Konzept einer Erziehungswissenschaft, die sich als reflexiver Wissenschaftstypus begreift, zunächst vor allem die Aufgabe zu, den historischen Wandel sowie die aktuelle Situation in den verschiedenen Feldern von Erziehung und Bildung vor dem Hintergrund der Antinomien gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse unter Bezug auf das dargestellte umfassende Methodenrepertoire qualitativer und quantitativer Forschung in gegenwartsbezogenen bzw. historischen Studien zu untersuchen.

Genauer gesagt, ist reflexive Erziehungswissenschaft in einer ersten Dimension eine kritisch orientierte und empirisch ausgerichtete Bildungsforschung, die die aktuellen Risiken und Nebenwirkungen von Erziehungs- und Bildungsprozessen in institutionellen und gesellschaftlichen Kontexten, in schulischen, außerschulischen und nicht institutionalisierten Sozialisationsbereichen analysiert.

Die Bereitstellung reflexiven Forschungswissens auf der Basis der Resultate einer kritischen Bildungsforschung zielt vor allem darauf ab, in Kenntnis vergangener Entwicklungsprozesse von Erziehung und Bildung über die Folgeprobleme und Implikationen zukünftiger pädagogischer Operationen zu informieren (vgl. Lenzen 1996, S. 123).

Dies schließt jedoch zudem nicht aus, dass sich ErziehungswissenschaftlerInnen oder pädagogische PraktikerInnen auch überlegen, was angesichts der empirisch herausgearbeiteten Problemlagen zukünftig zu tun sei. Nur handelt es sich bei diesen Reflexionen um einen anderen, um einen praxisbezogenen Wissenstypus, der sich nicht am Leitkriterium der wissenschaftlichen Wahrheitsfindung, sondern am Kriterium der konstruktiven Verbesserung der Bedingungen der pädagogischen Praxis orientiert (vgl. Moser 1995, ähnlich Fend 1994).

Aus der sich abzeichnenden reflexiven Modernisierung von gesellschaftlichen Strukturen und Erziehungsverhältnissen resultierten eine Vielzahl von Herausforderungen für die aktuelle Bildungsforschung. Als zentrale Forschungsfelder seien exemplarisch genannt:

– die durch die Globalisierung der Finanz- und Arbeitsmärkte verursachte Massenarbeitslosigkeit sowie die damit einhergehenden Armutsentwicklungen mit ihren Auswirkungen auf Lebenslagen, Lebensentwürfe, die Familiener- ziehung, das Verhältnis von Bildungs- und Beschäftigungssystem sowie die sozialpädagogischen Dienste (vgl. Mollenhauer 1996, S. 283),

– die durch die mikroelektronische Revolution sowie die neuen Informationsund Kommunikationstechnologien bedingten Veränderungen im Hinblick auf neue Qualifikationserfordernisse, neue Aneignungsmodi und Orte des Lernens sowie auf die Entstehung neuer sozialer Ungleichheiten bei der Nutzung der weltweiten Kommunikationsnetze,

– die aus den vielfältigen Migrationsbewegungen in Europa resultierenden Herausforderungen für den Umgang zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen und das interkulturelle Lernen,

– die Folgen einer Entstrukturierung, Individualisierung und Restandardisierung des Lebenslaufs, die alle Lebensalter von der Kindheit bis zum Alter mit neuen Ungewissheitsrisiken belasten (vgl. Krüger 1993, S. 23),

– die Veränderungen in den familialen und pädagogischen Generationsbeziehungen, die zu einer Informalisierung und zu Verschiebungen der Machtbalancen zwischen Jüngeren und Älteren geführt haben, gleichzeitig durch ein Übermaß an Verhandeln und Kommunikation auch neue emotionale Belastungssyndrome bei den Heranwachsenden zur Folge haben können (vgl. du Bois-Reymond/Büchner/Krüger u.a. 1994, S. 156),

– die Veränderungstendenzen von Familie und Geschlechterverhältnissen, die zugleich einen fundamentalen Umbau der gesellschaftlichen Sozialformen, des Verhältnisses von privater und öffentlicher Erziehung und eine Umformatierung der Geschlechterbeziehungen erforderlich machen (vgl. Rauschenbach 1992, S. 55),

– die Auswirkungen eines zweiten Modernisierungsschubs im Bildungssystem, die zwar einerseits zu einer Verallgemeinerung der Bildungsbeteiligung und zu einer Verbesserung der Bildungschancen für junge Frauen sowie zu einer Informalisierung der Schulkultur, andererseits aber auch zu einer Entwertung des gesellschaftlichen Gratifikationspotentials der Bildungsabschlüsse und zu einem instrumentell-strategischen Umgang der Schüler und Schülerinnen mit den Lehrinhalten geführt hat (vgl. Krüger 1996, S. 256),

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