Transkulturelle Psychiatrie

Transkulturelle Psychiatrie

 

 

 

von: Thomas Hegemann, Ramazan Salmann (Hrsgb.)

Psychiatrie-Verlag, 2001

ISBN: 9783884142523

Sprache: Deutsch

380 Seiten, Download: 1839 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Transkulturelle Psychiatrie



Sprach- und Kulturvermittlung (S. 169-170)

Konzepte und Methoden der Arbeit mit Dolmetschern in therapeutischen Prozessen

Ramazan Salman »Und sie bewegt sich doch!«
Galileo Galilei

Einführung

Menschen aus anderen Ländern erweitern zunehmend das kulturelle und sprachliche Spektrum der Patienten und Mitarbeiter in psychiatrischen Einrichtungen. Immigrations- und Integrationsprozesse fordern unsere multikulturelle Gesellschaft als Ganzes und so auch die Psychiatrie und deren Akteure im besonderen Maße heraus (PAVKOVIC 1993; COLLATZ u.a. 1999; OESTEREICH 2000; GARDEMANN u.a. 2000). Missverständnisse erfolgen aus sprachlichen und kulturellen Gründen und erschweren Diagnose wie Therapie.

Sie führen zu Unsicherheiten und Vertrauensvorbehalten und können zur unüberbrückbaren Hürde in beraterischen und therapeutischen Prozessen werden. Das psychosoziale Feld reagiert unterschiedlich auf diese Problematik. Traditionell vorherrschend in Deutschland ist die Einrichtung von speziellen Versorgungseinrichtungen für bestimmte ethnische Gruppen. In letzter Zeit nimmt glücklicherweise auch die Personaleinstellung von mehrsprachigen Fachkräften zu.

Es ist jedoch unrealistisch, davon auszugehen, in jeder Klinik (und erst recht in jeder Beratungsstelle) ausreichend in allen Sprachen und Fachbereichen versiertes muttersprachliches Personal einstellen zu können, denn in den meisten europäischen Immigrationsgesellschaften, so auch der deutschen, finden sich in der psychiatrischen Praxis Patientinnen und Patienten aus weit mehr als 100 Sprach- und Kulturgruppen. Daher wird eine Verbesserung der psychiatrischen Versorgung von Migranten im Konsens nur zu erreichen sein, wenn neben den neuen, in diesem Buch ausführlich dargestellten konzeptionellen und methodischen Entwicklungen der professionelle Einsatz von geschulten Dolmetschern möglich wird.

Die hierzu in der Fachwelt geführte Diskussion lässt sich wie folgt zusammenfassen: 3 Eine psychiatrische Therapie (insbesondere psychoanalytische) ist mit Dolmetschern nicht möglich, da der Einfluss Dritter den psychiatrischen Therapieprozess beeinträchtigt. 3 Alle Gespräche, so auch psychiatrische und psychotherapeutische, lassen sich mit Dolmetschern führen, solange von den Beteiligten die erforderlichen Qualitätsstandards eingehalten werden. 3 Der Einsatz von Dolmetschern ist dort hilfreich, wo bessere Möglichkeiten der Verständigung nicht gegeben sind.

Die zentrale Fragestellung lautet: Ist es hilfreich, bei gegebenem Behandlungsbedarf fremdsprachige Patienten unter Einsatz von Dolmetschern zu behandeln, und rechtfertigt dies mögliche organisatorische und finanzielle Schwierigkeiten gegenüber einer unzureichenden Behandlung bei sprachlichen Hindernissen? Auf Grund einer über 10-jährigen Erfahrung in der Leitung eines öffentlichen medizinischen Dolmetscherservices möchte ich im Folgenden die professionellen Standards für den Einsatz von Dolmetschern und Kulturmittlern (community interpreters) im Gesundheits- und Sozialwesen vorstellen.

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