Die Zukunft der Altersgesellschaft - Analysen und Visionen

Die Zukunft der Altersgesellschaft - Analysen und Visionen

 

 

 

von: Helmut Bachmaier, René Künzli

Wallstein Verlag, 2010

ISBN: 9783835307001

Sprache: Deutsch

140 Seiten, Download: 615 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Die Zukunft der Altersgesellschaft - Analysen und Visionen



Zukunft braucht Orientierung (S. 11)

von Helmut Bachmaier

Jean-Paul Sartre bemerkte einmal, daß die Jugend Heimweh nach der Zukunft habe – Heimweh nach der Zukunft haben gewiß auch Menschen, die älter sind, nicht nur die Jugend. Die Zukunft kommt nicht einfach wie ein Schicksal auf uns zu, sondern die Menschen entwerfen und gestalten die Zukunft selbst.

Wir bringen die Zukunft als eine Möglichkeit hervor, als Ausdruck unserer freien Wahl. Dagegen wird oft geltend gemacht, es gebe doch Sachzwänge, Rahmenbedingungen, strukturelle Notwendigkeiten – und überdies könne man ja nur für einen kurzen Zeitraum planen. Wir wüßten doch gar nicht, was sich alles noch ereignen könne. Gerne wird dann auf den Terroranschlag vom 11. September 2001 verwiesen, aber damit macht man sich von Katastrophen abhängig, wird ungewollt zum Sklaven von Terror und Angst.

Angst vor der Zukunft ist aber stets die Kapitulation vor den eigenen Möglichkeiten und Chancen: Sie ist eine Preisgabe der Freiheit. Der englische Dramatiker Harold Pinter glaubt nicht an Zukunftsentwürfe und Visionen, für ihn sind es nur Ausreden: »Die Zukunft ist die Ausrede all jener, die in der Gegenwart nichts tun wollen«, so Pinter.

Nun, wir verstehen unsere Entwürfe, die Beiträge zu diesem Buch, sicherlich nicht als Ausrede, sondern als Aufbruch, nicht als Alibi, sondern als einen Einstieg in die Zukunft. Am 12. Februar 2004 haben wir den 200. Todestag von Kant begangen, dem Philosophen, der unseren modernen Begriff von Freiheit geprägt, der das Autonomie-Konzept begründet, der die ideellen Grundlagen für den heutigen Rechtsstaat gelegt und der eine umfassende Friedenspolitik entwickelt hat, um nur einiges zu nennen.

Warum orientieren wir uns aber nicht am 12. Februar, sondern an den Daten der Katastrophen? Warum nicht an dem Primat der Vernunft? Natürlich sind Bilder von Katastrophen einfacher zu vermitteln als Begriffe und Abstraktionen. In seiner berühmten und populär gewordenen Schrift »Was ist Aufklärung?« gab Kant die nicht minder bekannte Antwort: »Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit … Sapere aude!

Wage es, weise zu sein, habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!« Welches sind die Ursachen von Unmündigkeit? Zwei nennt Kant: die Feigheit und die Faulheit – Feigheit, weil man Angst vor dem Neuen und Nicht-Konformen hat, Faulheit, weil man sich nicht anstrengender Denkarbeit unterziehen will, sondern lieber dem folgt, was gerade so aus dem Gefühl oder dem Bauch aufsteigt. Dies aber ist der Anfang jeder Unmündigkeit.

Um nicht mißverstanden zu werden: Alle sind wir aufgerufen, mitzudenken, mitzugestalten, aber unsere Ideen und Gedanken müssen sich auch bewerten und beurteilen lassen. Der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker schreibt dazu in seinem Buch »Die Einheit der Natur« (1971): »Eine Aussage über die Zukunft läßt sich durch Hinsehen erst beweisen oder widerlegen, wenn sie keine Aussage über die Zukunft mehr ist. Man kann jedoch Aussagen über die Zukunft sinnvoll bewerten …« Und solche Bewertungen sind wichtig, da sie zur Orientierung verhelfen.

Eine der Orientierungshilfen beim Handeln und der Zukunftsgestaltung kann die Pflichtenethik Kants sein. Der Mensch steht hier im Zentrum, er ist nach Kant stets selbst Zweck, nie bloßes Mittel zum Zweck, so eine der Formulierungen des kategorischen Imperativs (»Grundlegung zur Metaphysik der Sitten«), der Mensch steht in der Verantwortung für sein Handeln in Freiheit, in der Selbstpflicht und Solidarpflicht – um dies einmal so abgekürzt zu benennen.

Als eine Maxime könnten wir formulieren: »Handle so, daß Du aus Deiner Autonomie und Freiheit sowie aus Verantwortung die Zukunft als Deine eigene Entwicklung gestaltest, als Selbstgestaltung – zum Wohle der Allgemeinheit !« Einen besonderen Rang erhält bei Kant die Meinungsfreiheit, denn man muß sich frei über alle Sachverhalte austauschen können.

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