Biographieorientierte Aktivierung mit SimA-P - Selbständig im Alter

Biographieorientierte Aktivierung mit SimA-P - Selbständig im Alter

 

 

 

von: Wolf-D. Oswald, Andreas Ackermann

Springer-Verlag, 2009

ISBN: 9783211799024

Sprache: Deutsch

314 Seiten, Download: 1807 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Biographieorientierte Aktivierung mit SimA-P - Selbständig im Alter



I Theoretische Grundlagen (S. 5-7)

1.1 Ziele der biographieorientierten Aktivierung

Demenzielle Erkrankungen führen aufgrund der zunehmenden Unfähigkeit des Betroffenen aktuelle, neue Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten unter anderem dazu, dass der Bezug zur gegenwärtigen äußeren Realität aufgrund der Gedächtnis- und Orientierungsstörungen verloren geht. Zeitlich kürzer zurückliegende Gedächtnisinhalte und Ereignisse werden zusehends schlechter erinnert und können immer weniger in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht und auf die eigene Person bezogen werden. Die im Langzeitgedächtnis gespeicherten Lebenserfahrungen und Gewohnheiten bleiben dagegen noch relativ lange erhalten (Schröder et al. 2004, Förstl und Wallesch 2005, Gutzmann und Zank 2005).

Da bei einer fortgeschrittenen Demenz keine Lerngewinne durch Training mehr zu erreichen sind (Baier und Romero 2001, Davis et al. 2001, McGilton et al. 2003, Gutzmann und Zank 2005), ist es sinnvoller, den erkrankten Menschen innerhalb seiner noch bestehenden Wissensinhalte und Fähigkeiten anzusprechen (Gutzmann und Zank 2005). Insbesondere Wissen und Erfahrungen, die in der Lebensgeschichte persönlich oder insgesamt in der jeweiligen Generation bedeutsam oder prägend gewesen sind, sind dabei besonders gut zu aktivieren. Dies betrifft etwa Themen wie Familie, Partnerschaft, Schule, Beruf oder Alltagsleben. Vor diesem Hintergrund wurde mit der Biographieorientierten Aktivierung ein Interventionsansatz gewählt, in dem die Aktivierung mittels biographisch relevanter Erinnerungen, Kenntnisse und Fertigkeiten erfolgt und durch körperliche Aktivierung (psychomotorische Übungen) ergänzt wird.

Als theoretische Grundlage für die Entwicklung des Programms dienten Konzepte der Dementenbetreuung, die sich im Feld der nicht-medikamentösen Interventionsansätze durchgesetzt haben und die in unterschiedlicher Form auch eine kognitive Aktivierung durch die Beschäftigung mit biographischen Themen beinhalten. Aus der Literatur geht hervor, dass sich eine multisensorische Aktivierung von Demenzpatienten im Pflegeheim als wirksam erweist (Heyn 2003). Durch ein Übungsprogramm mit der Anregung aller Sinne bei demenziell erkrankten Pflegeheimbewohnern konnte dort die psychische Befindlichkeit verbessert und die allgemeine Aktivität erhöht werden. Auch andere Autoren zitieren in einem Literaturreview eine Reihe von Studien, in denen positive Effekte (beispielsweise auf aggressives Verhalten, Unruhe) durch stimulierende und aktivierende Therapiemethoden erzielt werden konnten (vgl. Snowden et al. 2003). Im Folgenden soll auf einige dem Konzept zugrundeliegenden Therapieansätze eingegangen werden:

Bei der Erinnerungs- oder Reminiszenztherapie (Gräßel et al. 2002) wird durch Materialien wie Fotos, Musik, persönliche Gegenstände oder Geschichten die Erinnerung an Ereignisse im Leben des demenziell erkrankten Menschen aktiviert. Ziel ist die Stützung des Selbstwertgefühls, da Stärken betont werden und die Konfrontation mit Schwächen vermieden wird. Gleichzeitig soll eine Stabilisierung der Identität erreicht werden, indem durch die Beschäftigung mit individuell bedeutsamen Ereignissen und Erlebnissen aus der Vergangenheit des Menschen seine Einzigartigkeit hervorgehoben und gewürdigt wird.

Die Selbst-Erhaltungs-Therapie (SET, vgl. Romero und Wenz 2002) versucht noch stärker durch das systematische Üben von selbstbezogenem Wissen (z.B. durch die Einbeziehung von persönlich bedeutsamen Fotos, Gegenständen, Erinnerungen) die personale Identität des erkrankten Menschen möglichst lange zu erhalten. Dem demenzkranken Menschen wird in einer empathischen, validierenden Grundhaltung begegnet. Zusätzlich wird milieutherapeutisch seine Lebenswelt durch persönlich bedeutsame Gegenstände angereichert und der Alltag durch aktivierende und kunsttherapeutische Ansätze anregend gestaltet. Die SET findet in der Regel als Einzeltherapie statt.

Als therapeutischer Zugangsweg kann der personenzentrierte Ansatz nach Kitwood (2000) angesehen werden. Dieser auf einem humanistischen Menschenbild beruhende Umgang mit erkrankten Menschen fordert ebenfalls neben einer validierenden und annehmenden Grundhaltung die eingehende Beschäftigung mit der Biographie des Patienten.

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