Karl Marx / Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie. (Klassiker auslegen, Band 36)

Karl Marx / Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie. (Klassiker auslegen, Band 36)

 

 

 

von: Harald Bluhm (Hrsg.)

De Gruyter Akademie Forschung, 2009

ISBN: 9783050050096

Sprache: Deutsch

245 Seiten, Download: 1635 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Karl Marx / Friedrich Engels: Die deutsche Ideologie. (Klassiker auslegen, Band 36)



Harald Bluhm

Einführung: Die Deutsche Ideologie – Kontexte und Deutungen (S. 1)

Marx und Engels können seit dem Ende des Kommunismus, dem Ende des „realsozialistischen" Staatensystem wieder neu gelesen werden – jenseits der vielen Versuche, den Eisbrecher des Marxismus, der die bürgerliche Ordnung und deren Scheinformen aufbrechen sollte, wieder flott zu machen. Gemeint sind damit jene oft durchgespielten Strategien von Akzentverschiebungen im Werk vom späten zum jungen Marx, all die Umbauten durch Rückgriff auf ältere Autoren wie Hegel, Feuerbach und Kant oder Aufbauten durch den Existentialismus oder die Psychoanalyse.

Diese Unternehmungen eint, daß sie die Löcher im Rumpf nicht stopfen konnten und das Boot immer in einem Eismeer, einer feindlichen Umwelt, wähnten. Sichtbar geworden sind diese Kalamitäten schon, als das Schiff auf ein Trockendock gelegt und von außen betrachtet wurde.

Max Weber, Georg Simmel und Joseph Alois Schumpeter, um nur drei Autoren zu nennen, haben dies mit großer Sachkenntnis im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts exemplarisch vorgeführt. So hat Weber (1988) die geistigen Voraussetzungen des Kapitalismus und die Rationalisierungsprozesse generell sowie jene des Staates untersucht, die bei Marx nur rudimentär behandelt werden. Simmel (2001) erkundete den Zusammenhang von Geld und Lebensstil weit über die bei Marx nur skizzierten sozialen Lebensformen hinaus.

Schumpeter (1987) schließlich untersuchte die wirtschaftliche Dynamik des Kapitalismus jenseits von Marxscher Werttheorie und Goldgeldtheorie. Auch die methodischen Differenzen sind groß: Zwar eint die genannten Theoretiker und Marx, daß sie dynamische Prozesse und Relationen denken, aber die späteren Autoren unterstellen keine kollektiven Akteure und sind skeptisch gegenüber holistischen Gesellschaftskonzepten und historischen Entwicklungsgesetzen.

Dies dürfte inzwischen allgemein anerkannt sein. Gerade deshalb, und weil die genannten Gründerväter der akademischen Sozialwissenschaft Impulse von Marx aufgenommen und transformiert haben, ist es angezeigt, sich erneut den Quellen zuzuwenden. Die Einschätzung von Leistung und Originalität der akademischen Außenseiter und vehementen Gesellschaftskritiker Marx und Engels variiert erheblich. Antworten auf die Frage, was an der Deutschen Ideologie aus heutiger Sicht als klassisch gelten kann, drängen sich nicht unmittelbar auf.

Sie setzen vielmehr eine Kontextualisierung und ein punktuelles Eingehen auf die Editionsgeschichte und einige Lesarten voraus, da erst dann die theoretischen Einsichten der DI erschlossen werden können.

1.1 Vormärz als Kontext

Das Vorwort der DI eröffnen Marx und Engels mit einer generellen Geste der Distanzierung gegenüber den Junghegelianern (vgl. 13). Sie wollen deren Positionen von einem Standpunkt außerhalb Deutschlands kritisieren, in Absetzung zu den wenig entwickelten gesellschaftlichen Zuständen, denen diese Bewegung entspringt und die sie widerspiegelt.

Gleichwohl bleibt ihre Schrift sehr stark in die deutschen Debatten des Vormärz zwischen 1830 und 1848 eingebunden. Der Vormärz, und mit ihm insbesondere der Junghegelianismus, gehört zu den Epochen polemischer politischer Diskussionen von großer Radikalität und Relevanz, in denen viele Spielarten von Existentialismus und Anarchismus durchgespielt und vorweggenommen wurden (vgl. Saß 1975, 146).

Douglass Moggach erkannte in ihm unlängst eine „extraordinarily fertile period in the history of political thought" (2003, 7). In dieser Zeit wirkten nicht nur die Junghegelianer, es agierten auch Heinrich Heine und das Junge Deutschland, und es gab demokratische und liberale Selbstverständigungsdebatten, deren Autorenfeld von Julius Fröbel über Johan Jacoby bis zu Theodor Welcker reicht.

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