Führungsinstrument Mitarbeiterbefragung

Führungsinstrument Mitarbeiterbefragung

 

 

 

von: Ingwer Borg

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2003

ISBN: 9783840917165

Sprache: Deutsch

458 Seiten, Download: 5614 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Führungsinstrument Mitarbeiterbefragung



6 Items und Fragebogen: Entwicklungsprozesse (S. 161-162)

Im vorausgegangen Kapitel haben wir technische und handwerkliche Aspekte der Item- und Fragebogenkonstruktion betrachtet. Sie sind Teil des Know-hows, das i.d.R. von einem Experten eingebracht wird. Viele Organisationen gehen sogar davon aus, dass der Experte einen „Standardfragebogen" vom Regal nehmen, ihn evtl. an die Besonderheiten der Firma anpassen oder sogar einen für die Firma spezifischen Fragebogen so weit fertig ausarbeiten kann, dass dieser so, wie er ist, an die Mitarbeiter verteilt werden kann. Obwohl gelegentlich tatsächlich so in der Praxis verfahren wird, ist dieses Vorgehen nicht empfehlenswert. Der Experte kann allein keinen optimalen Fragebogen entwickeln. Hierzu sind vielmehr die Beiträge wichtiger Gruppen der Organisation notwendig.

6.1 Fragebogen: Erstversion

Bisweilen wird vorgeschlagen, den Fragebogens von einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe erstellen zu lassen, die ausgehend von einer Tabula rasa z.B. per Brainstorming herausarbeitet, welche Themen in der MAB adressiert werden sollen. Die Erfahrung zeigt aber, dass dieser Ansatz sehr aufwendig ist. Wesentlich ökonomischer und vom Ergebnis her mindestens gleichwertig ist es, wenn der MAB-Experte zunächst einen Erstentwurf des Fragebogens als Vorlage für die weitere Diskussion ausarbeitet. Bei der Ausarbeitung des Erstentwurfs muss der Experte einerseits die MABPositionierung (Kapitel 2) und andererseits die zahlreichen technischen Gesichtspunkte von Item- und Fragebogenkonstruktion (Kapitel 5) berücksichtigen.

Dabei ist eine diskursive Vielfalt von Meinungen und Diskussionsbeiträgen zunächst nicht sachdienlich. Die Aufgabe erfordert vielmehr ein Literaturstudium, die Durchsicht von Materialien und Dokumenten aus der Organisation, die Abfrage von Item- Datenbanken (z.B. Cook et al., 1981) und eine sorgfältige semantische Bearbeitung der einzelnen Items – alles Tätigkeiten, die eher der Erstellung einer akademischen Thesis entsprechen, und die sich nicht in der Gruppe lösen lassen.

Wenn der Experte das Unternehmen nur wenig kennt oder gar mit der Branche überhaupt nicht vertraut ist, wird sein Erstentwurf des Fragebogens in Ausdrucksweise, Ton und thematischen Nuancierungen noch nicht gut zur Organisation passen. So sind Erstentwürfe von Fragebögen z.B. häufig allzu akademisch in ihrer Sprache und für viele Mitarbeiter schwer verständlich. Zur Überbrückung der Kluft zwischen abstrakten Standarditems und Items, die zur jeweiligen Organisation passen, muss sich der Experte also ein Bild von der Kultur des Unternehmens, aber auch von seiner Mission-Vision-Strategie, seinen Produkten und Kunden usw. machen.

Neben den üblichen diagnostischen Zugängen hierzu (Harrison & Shirom, 1999) ist es besonders nützlich, sich mit Schlüsselpersonen der Organisation zu beschäftigen. Schieman (1991) und Verheyen (1988) empfehlen, hierzu Interviews mit dem Top-Management zu führen. Ihre Empfehlung erweist sich allerdings bei genauerer Betrachtung als eine Art MAB-Positionierung, bei der der Experte „erklärt" um was es geht und bei der Themen, die das Management interessiert, in die MAB aufgenommen werden können. Eine systematische Positionierung wie in Kapitel 2 beschrieben ist hierfür der bessere Weg. Sie führt nämlich nicht nur zu einer expliziten MAB-Positionierung, sondern gewährt dem Experten durch die verschiedenen Interaktionen und Sitzungen auch zahlreiche Einblicke in die Unternehmenskultur. Interviews mit Mitarbeitern der Basis oder des mittleren Managements zum Thema MAB („Was halten Sie davon?

Haben Sie irgendwelche Bedenken? Was sollte man Ihrer Ansicht nach fragen? Gibt es besondere Themen?") können ggf. zusätzlich nützlich sein, um weitere Eindrücke von den Besonderheiten der Unternehmenskultur zu gewinnen. Ganz unmittelbar für den Fragebogen bringen solche Interviews allerdings i.d.R. wenig. Für den Experten sind die Themen und selbst die Items durch viele theoretische und strategische Vorüberlegungen hinreichend klar: Die Interviews bringen hier allenfalls gewisse Anregungen. Zum anderen ist ein Interview als künstliche Situation gerade für die Diagnose der Unternehmenskultur weniger aufschlussreich als simple Beobachtungen des Verhaltens der Mitarbeiter der Organisation „aus der Distanz" (z.B. in der Cafeteria, in Meetings, am Empfang, am Arbeitsplatz) oder das Studium von Betriebszeitungen, schwarzen Brettern, offiziellen Publikationen oder anderer Artefakte (Neuberger & Kompa, 1987). MAB-Experten, die schon in vielen verschiedenen Unternehmen und Branchen MABs durchgeführt haben, haben zudem umfangreiche Sammlungen von Fragebögen, die in Produktionsbetrieben, in Vertriebsfirmen, in High-Tech-Unternehmen, in Banken und Versicherungen o.ä. verwendet wurden. Sie sind oft eine nützliche weitere Informationsbasis für die Erstversion des Fragebogens, weil sich aus ihnen typische Themen dieser Unternehmen ableiten lassen und weil evtl. sogar statistische Vergleichsnormen für einige Items vorliegen.

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