Das Harvard-Konzept - Der Klassiker der Verhandlungstechnik
von: Roger Fisher, Bruce Patton, William L. Ury
Campus Verlag, 2004
ISBN: 9783593400952
Sprache: Deutsch
269 Seiten, Download: 929 KB
Format: EPUB, PDF, auch als Online-Lesen
2 Auf Interessen konzentrieren, nicht auf Positionen (S. 71-72)
Zwei Männer streiten in einer Bibliothek. Der eine möchte das Fenster offen haben, der andere geschlossen. Sie zanken herum, wie weit man es öffnen soll: einen Spalt weit, halb, dreiviertel offen. Keine Lösung befriedigt beide.
Die Bibliothekarin kommt herein. Sie fragt den einen, warum er denn das Fenster öffnen möchte. »Ich brauche frische Luft.« Sie fragt den anderen, warum er das Fenster lieber geschlossen hat. »Wegen der Zugluft.« Nach kurzem Nachdenken öffnet sie im Nebenraum ein Fenster weit. Auf diese Weise kommt frische Luft herein, ohne dass es zieht.
Um vernünftige Ergebnisse zu erzielen, muss man die Interessen, nicht die Positionen in Einklang bringen
Diese kleine Geschichte ist typisch für viele Verhandlungen. Solange sich beiderseits das Problem als Konflikt zweier Positionen darstellt und das Ziel die Einigung auf eine Position ist, denken und reden natürlich alle vorwiegend über diese Positionen – und der Prozess stockt darum auch sehr oft.
Hätte sich die Bibliothekarin nur auf die Positionen eingelassen, sie hätte sicher keine Lösung gefunden – denn nach Angabe der Männer sollte das Fenster ja entweder offen oder geschlossen sein. Stattdessen suchte die Bibliothekarin nach den dahinter stehenden Interessen – frische Luft einerseits,Vermeidung von Zugluft andererseits. Dieser Unterschied zwischen Positionen und Interessen ist entscheidend.
Das Problem wird durch Interessen bestimmt
Das Grundproblem bei einer Verhandlung liegt nicht in gegensätzlichen Positionen, sondern im Konflikt beiderseitiger Nöte, Wünsche, Sorgen und Ängste. Die beiden Parteien sagen sich z.B.:
»Jetzt muss mit der Preissteigerung für dieses Haus aber endlich Schluss sein.«
Oder: »Wir akzeptieren nicht. Er möchte 620 000 Euro für das Haus. Ich möchte aber wirklich keinen Pfennig mehr als 600 000 Euro dafür ausgeben.«