Ambulant statt stationär - Psychiatrische Behandlung durch integrierte Versorgung

Ambulant statt stationär - Psychiatrische Behandlung durch integrierte Versorgung

 

 

 

von: Wolfgang Faulbaum-Decke, Christian Zechert

Psychiatrie-Verlag, 2010

ISBN: 9783884147450

Sprache: Deutsch

200 Seiten, Download: 4602 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Ambulant statt stationär - Psychiatrische Behandlung durch integrierte Versorgung



Von der Krisenpension zum Home Treatment und zurück (S. 96-97)

Thomas Vogelsang


Die Krisenpension existiert in Berlin als außerstationäre Einrichtung bereits seit 2005. Ohne jegliche Finanzierung ging eine Crew aus insgesamt 40 fast ausschließlich ehrenamtlich tätigen Mitarbeitern mit großem Engagement ans Werk, um eine außerstationäre Einrichtung mit Ein?üssen und Begleitungselementen aus Soteria, Recovery, Empowerment u. a. zu entwickeln. Menschen in akuten psychischen Krisen konnten die Krisenpension stundenweise wie auch ganztags nutzen. Die Begleitung erfolgte durch ein ärztlich geleitetes multiprofessionelles Team in trialogischer Besetzung (Erfahrungsexperten, Angehörige, professionelle Mitarbeiter unterschiedlicher Ausbildungen). Ziel war es, eigene Handlungskonzepte der Nutzer zur fördern, ein selbstre?ektiertes Handeln zu ermöglichen und damit Nachhaltigkeit zu erreichen.

Mit ihren sieben Plätzen in einem wohngemeinschaftsähnlichen Setting mit organisierter Selbstversorgung und der Möglichkeit der ?exiblen zeitlichen Nutzung bot die Krisenpension ein besonders niederschwelliges Angebot mit hoher Akzeptanz bei den Nutzern. Ein weiteres Argument der Besucher für die Krisenpension war die Mitarbeit von Erfahrungsexperten und Angehörigen. Nach zwei Jahren quasi unbezahlter Arbeit konnte 2007 ein Vertrag zur Integrierten Versorgung mit der CITYBKK geschlossen werden, der hauptsächlich auf die Versorgung in der Krisenpension selbst abzielte, aber auch die Möglichkeit des Home Treatments einschloss.

Auf der Basis dieser intensiven Erfahrungen sollte mit der Umsetzung des NetzWerks psychische Gesundheit ab September 2009 die Möglichkeit geschaffen werden, das Home Treatment – also die Behandlung/ Begleitung zu Hause – als zentrales Angebot zu entwickeln. Ein System aus Fallmanager und Bezugsbegleiter bietet sowohl einen Lotsen durch das zu aktivierende Netzwerk um den Klienten an als auch einen kontinuierlichen Ansprechpartner. Ärztliche Kompetenz wird durch Einbezug der vorhandenen niedergelassenen Psychiater eingeholt, kann ggf. durch eine ärztliche Begleitung innerhalb des Systems ergänzt werden. Inspiriert aus den Erfahrungen aus Finnland (Westlappland) und Schweden wurde ein Behandlungssetting übernommen und entsprechend den hiesigen Verhältnissen angepasst.

Die dort angewandten Methoden aus der systemischen Therapie, »open dialogue« und »re?ecting team« integrieren sich nahtlos in die Netzwerkarbeit des NWpG und der Krisenpension. Dies erfordert jedoch eine umfassende Fort- und Weiterbildung des inzwischen arbeitsvertraglich abgesicherten trialogischen Kernteams von 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung, die mit durchschnittlich sechs Stunden über den Zeitraum von einem Jahr ausgesprochen aufwendig, aber auch sehr effektiv ist. Weiterhin ?ndet alle zwei Monate eine begleitende, eng an »unser« System angelehnte maßgeschneiderte zweitägige Fortbildung aus einem systemischen Curriculum statt. Weitere Schwerpunktthemen und Einrichtungsvorstellungen runden den Wissenstand des Kernteams kontinuierlich ab.

Die Struktur wurde vom Großteam in vier kleine Teams mit jeweils vier bis fünf Bezugsbegleitern und einem Fallmanager als Leitung verändert, um auch hier näher am ?nnischen Ansatz zu bleiben. Eines dieser Teams ist das Krisenpensionsteam, welches die Öffnung der Krisenpension für 24 Stunden an sieben Tagen sicherstellt. Geleitet wird das das Gesamtteam von einem fachlichen Leiter. Jedes Kleinteam hat eine systemische Supervision.

Die Möglichkeit, Erfahrungsexperten mit jeweils sehr unterschiedlichen Krankheits- und Psychiatrieerfahrungen in die Begleitung zu integrieren, macht zeitweise auch ein teamübergreifendes Handeln nötig, wenn der Mitarbeiter besonders gut zu einem Klienten passt, jedoch im »anderen « Team arbeitet. Insbesondere diese hohe Flexibilität im System fordert von den Mitarbeitern viel ab, unterstützt aber auch eine äußerst klientenzentrierte Sichtweise jedes Einzelnen. Letztlich bildet sich um jeden Klienten ein Kleinstteam von festen Mitarbeitern, die für die Dauer der Teilnahme des Klienten am NetzWerk psychische Gesundheit als Ansprechpartner und Begleiter dienen.

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