Klinische Sozialarbeit - Gefährdete Kindheit - Risiko, Resilienz und Hilfe

Klinische Sozialarbeit - Gefährdete Kindheit - Risiko, Resilienz und Hilfe

 

 

 

von: Birgitta Gahleitner, Gernot Hahn

Psychiatrie-Verlag, 2011

ISBN: 9783884147474

Sprache: Deutsch

312 Seiten, Download: 1760 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Klinische Sozialarbeit - Gefährdete Kindheit - Risiko, Resilienz und Hilfe



Niederschwellige Konzepte weiter denken – Klinische Sozialarbeit mit Jugendlichen in besonderen Lebenslagen (S. 250-251)

Claudia Steckelberg

Jugendliche in besonderen Lebenslagen – damit sind junge Menschen im frühen Jugendalter wie auch junge Erwachsene gemeint, die ihren Lebensmittelpunkt vorwiegend auf der Straße haben und die weitgehend jenseits pädagogischer Obhut oder erwachsener Fürsorge aufwachsen (müssen). Die Bezeichnung dieser Zielgruppe als Jugendliche in besonderen Lebenslagen wirkt zunächst etwas umständlich und unklar, sie verweist jedoch auf die Vielschichtigkeit des Phänomens und befördert »eine differenzierte professionelle Wahrnehmung der Problemlage dieser Jugendlichen« (Lutz & Stickelmann 1999, S. 7).

Die Lebenslagen der Jugendlichen zeichnen sich dadurch aus, dass sie meist nicht dauerhaft angelegt sind. Vielmehr wechselt sich Wohnungslosigkeit ab mit Phasen des Lebens im Elternhaus, in Jugendhilfeeinrichtungen wie auch bei Freundinnen und Freunden oder Bekannten. Es handelt sich um eine krisenhafte Lebensphase, die selten auf gradlinigem Weg überwunden werden kann, sondern dafür Phasen von Stabilisierungsprozessen und Rückschlägen braucht (vgl. Bodenmüller & Piepel 2003, S. 245). Jugendliche in besonderen Lebenslagen haben zumeist den Schulbesuch unterbrochen, ihre Biogra?en sind häu?g geprägt durch die Konstanz belastender Lebenssituationen einerseits und die Diskontinuität unterstützender Lebensumstände wie Bezugspersonen und Lebensort andererseits (vgl. ebd., S. 21).

Klinische Sozialarbeit in niederschwelligen Einrichtung – ist das möglich?


Betrachtet man die Probleme, Krankheiten und Belastungen vieler Jugendlicher in besonderen Lebenslagen, so erscheint es nicht nur möglich, sondern zwingend erforderlich, Methoden, Handlungsansätze und Ziele klinischer Sozialarbeit in niederschwellige Arbeit zu integrieren. Die gesundheitliche Situation der Jugendlichen ist in der Regel zumindest stark gefährdet durch den mangelnden Zugang zu ausreichender Ernährung (vgl. Flick & Röhnsch 2008, S. 240 f.), das ungeschützte Übernachten auf der Straße auch bei kalter Witterung, durch intensiven und zum Teil langjährigen polytoxikomanen Drogenkonsum (vgl. ebd., S. 236) und durch unzureichenden Zugang zum regulären medizinischen Hilfesystem aus Schwellenangst oder wegen fehlender Krankenversicherung (vgl. ebd., S. 242 f.).

Psychische Auffälligkeiten attestierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Notschlafstellen in Deutschland in einer 2001 durchgeführten Befragung über 70 % der Besucherinnen und Besuchern (vgl. Britten 2002 b, S. 110). Angesichts der stark belastenden Biogra?en und schwierigen Lebenssituationen und der zum Teil massiven Gewalterfahrungen in der Herkunftsfamilie wie auch innerhalb der Peer Group (vgl. Steckelberg 2010 b, S. 204), sind diese Zahlen nicht erstaunlich. In der oben zitierten Untersuchung von Uwe Britten (2002 b) gaben die Hälfte der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, im Umgang mit psychischen Auffälligkeiten und den traumatischen Erfahrungen ihrer Klientinnen und Klienten überfordert zu sein (vgl. ebd., S. 111).

Gleichzeitig wurde jedoch konstatiert, dass sich die Weitervermittlung an das psychiatrischmedizinische Hilfesystem als äußerst schwierig erweist. Trotz dieses offensichtlichen Bedarfs wird vielfach infrage gestellt, dass klinische Sozialarbeit in niederschwelligen Einrichtungen möglich sei. Es gibt meines Wissens keine Anlauf- oder Notschlafstelle, die in ihrem Konzept Bezug nimmt auf klinische Sozialarbeit. Ein Grund für diese fehlende Verknüpfung liegt in der bisherigen konzeptionellen Ausrichtung niederschwelliger Angebote und in seiner fehlenden Anerkennung als vollwertige sozialarbeiterische und pädagogische Arbeit.

Kategorien

Service

Info/Kontakt

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek