Psychologie und Psychiatrie kompakt - Basiswissen für Pflege- und Gesundheitsberufe

Psychologie und Psychiatrie kompakt - Basiswissen für Pflege- und Gesundheitsberufe

 

 

 

von: Klaus Mall

Hogrefe AG, 2016

ISBN: 9783456955766

Sprache: Deutsch

400 Seiten, Download: 17356 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Psychologie und Psychiatrie kompakt - Basiswissen für Pflege- und Gesundheitsberufe



3 Lernprozesse (S. 71-72)

Zur Einordnung in das allgemeine Modell menschlichen Verhaltens, das in Abbildung 1-2 (s. S. 23) dargestellt wurde:

In diesem Kapitel geht es zuerst um Veränderungen im dunkelroten Kasten Bewertung, und zwar durch eigene Erfahrungen (hellroter Kasten darunter) in Form von Signal- oder Koppelungslernen: Klassisches Konditionieren (3.1.). Die Veränderungen im dunkelroten Kasten Erwartungen – durch Prozesse, welche im mittleren hellroten Kasten genannt sind – werden danach unter die Lupe genommen: Wie eigene Erfahrungen Erwartungen beeinflussen ist Thema des Kapitels «Lernen aus den Konsequenzen eigenen Verhaltens» (3.2.). Wie beobachtete Modelle Erwartungen entstehen lassen und verändern können ist Thema des Kapitels «Lernen am Modell» (3.3). Im Kapitel «Gedächtnis und Lernen lernen» (3.4) geht es um kognitive Lernprozesse, die mit Informationsaufnahme, Einprägen und Denken zu tun haben, also mit den Einflussgrößen Information und Denken im mittleren hellroten Kasten.

3.1 Signallernen oder Klassisches Konditionieren

3.1.1 Der «Pavlov’sche Hund»

An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert arbeitete ein russischer Mediziner namens Pavlov (s. Abbildung 3-1) in St. Petersburg an einer Serie von Experimenten zur Physiologie der Verdauung (Fragestellung der Physiologie: Was läuft normalerweise im gesunden Organismus ab). Für diese Versuche bekam er 1904 den Nobelpreis; dabei handelte es sich – rückblickend – eher um Vorarbeiten zu seiner bahnbrechenden Entdeckung von 1905.

Und so könnte er darauf gekommen sein: Nehmen wir an, Pavlov hat seine Experimente nicht nur am Schreibtisch geplant, er hat seine Hunde – das waren seine «Versuchspersonen » – auch nicht nur in der Experimentalstellage beobachtet. Eines Tages zur Fütterungszeit begleitet er den Hundepfleger auf dessen Rundgang. In einem großen Raum in mehreren Käfigen werden die Hunde «aufbewahrt». Der Hundepfleger stößt die Tür auf, schiebt den Karren mit den Futternäpfen hinein und wendet sich seinen Schützlingen mit freundlichen Worten zu. Pavlov steht dabei und beobachtet. Als Physiologe ist er Spezialist für Zusammenhänge zwischen Auslösern und Reaktionen. Z. B.: Kommt ein Fremdkörper – sprich: Futter – in den Mund, verstärkt sich der Speichelfluss. Damit beginnt die Verdauung.

Doch was beobachtet Pavlov? Die Näpfe stehen alle noch auf dem Karren, keiner der Hunde hat Futter im Maul. Dennoch: Bei allen läuft bereits der Speichel. Mit anderen Worten: Die Reaktion «läuft» schon, ehe der Auslöser vorhanden ist.

Wenn Sie einen Hund haben, werden Sie diesen Effekt kennen. Vielleicht haben Sie ihn auch an sich selbst beobachtet. Manche Menschen müssen gar nicht in eine Zitrone beißen, um Speichelfluss auszulösen, schon «wenn man etwas Gutes zu essen sieht, läuft einem das Wasser im Munde zusammen.»

Pavlov, der Naturwissenschaftler, gab sich nicht mit Alltagserfahrung und Sprüchen zufrieden. Und so mag er auf seine Idee gekommen sein: Immer zur selben Zeit – das wäre vielleicht gar nicht erforderlich – geht die Tür auf, stößt der Hundepfleger den Karren mit den Futternäpfen herein, fängt an mit den Tieren zu reden, schließt der Reihe nach die Käfige auf, schiebt die Töpfe hinein und die hungrigen Hunde stürzen sich aufs Futter. Am Ende dieser Kette ist also der Auslöser für die Speichelflussreaktion – Fremdkörper im Mund – vorhanden. Und dieser Ritus der Fütterung läuft Tag für Tag so ab.

Kategorien

Service

Info/Kontakt

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek