Eßstörungen - Ursachen, Symptome, Therapien

Eßstörungen - Ursachen, Symptome, Therapien

 

 

 

von: Ulrich Cuntz, Andreas Hillert

C.H.Beck, 2008

ISBN: 9783406577024

Sprache: Deutsch

145 Seiten, Download: 1121 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Eßstörungen - Ursachen, Symptome, Therapien



VII. Die Therapie von Anorexia und Bulimia nervosa (S. 85-86)

1. Grundlagen der psychotherapeutischen Behandlung von Essstörungen

Bis in die 1970 er Jahre waren Ärzte, Therapeuten und Patienten der «Magersucht» gegenüber weitgehend hilfl os. Es wurde die Annahme vertreten, dass das Krankheitsbild Ausdruck der Problematik einer Heranwachsenden sei, eine körperlich reife Frau zu werden. Die hier ansetzenden Therapien und andere, weniger elaborierte Strategien, die Patientinnen zum Essen zu bewegen, endeten in der Mehrzahl der Fälle frustran. Das Bild hat sich grundlegend gewandelt: Aus dem exponentiell angewachsenen Wissen ergaben sich Ansatzpunkte für psychotherapeutische Strategien und – mit eingeschränkter Indikation – den Einsatz von Medikamenten (Psychopharmaka).

Bei vital bedrohten Patientinnen steht zunächst die medizinische Behandlung im Vordergrund. Anschließend wird der Aufbau eines angemessenen Essverhaltens, gegebenenfalls eine Gewichtszunahme und die Stabilisierung der Persönlichkeit, zum Thema der Psychotherapie. Wenn es der Patientin gelungen ist, die akute Symptomatik zu überwinden, stehen der Umgang mit den im Alltag oft unvermeidlichen Rückschlägen bzw. die Rückfallprophylaxe als Thema an. Neben den etablierten, in ihrer Wirksamkeit überprüften Therapieformen (s. u.) fi nden alternative Heilmethoden, von «Darmsanierungen und Entgiftungen» bis hin zu Aufbaudiäten, ihre Anhänger. Für keines dieser Verfahren liegt bislang ein seriöser Wirkungsnachweis vor. Viele Betroffene erleben ihr gestörtes Essverhalten, insbesondere wenn es zu einem niedrigen Körpergewicht führt, zunächst nicht als Problem.

Sie leiden nicht. Restriktive Diäten, Fressanfälle und/oder Erbrechen sind vielmehr Möglichkeiten zur Selbstbestätigung und/oder Spannungsreduktion. Warnungen werden ignoriert und der Vorschlag, sich in Behandlung zu begeben, als persönlicher Angriff empfunden. Erst wenn auch für die Betroffene negative Aspekte der Symptomatik unübersehbar werden, entsteht Leidensdruck. Der Weg in eine erfolgversprechende Therapie beinhaltet das Eingeständnis eigener Unzulänglichkeit und den Verzicht auf vermeintliche Vorteile der Essstörung. Therapiemotivation ist für die Betroffene somit ein ambivalenter, schmerzlicher Prozess.

Die positiven und negativen Aspekte der Erkrankung, der erwartete Nutzen und Aufwand der Behandlung werden bilanziert. Therapiemotivation bezieht sich dabei jeweils auf die Probleme, die die Betroffene als solche erkennt: Dies sind häufi g nicht das Untergewicht, sondern die damit einhergehende Kraftlosigkeit oder Depressionen. Sind Patientinnen nur motiviert, diese Begleitsymptome behandeln zu lassen, ist ein Scheitern der Therapie absehbar.

Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren sind Umfragen zufolge relativ gut über das Thema «Essstörungen» informiert. Neben Kontakten zu betroffenen Freundinnen dürften hier Medienberichte von nachhaltiger Wirkung sein. Im regulären Lehrplan deutscher Schulen kommt das Thema «Essstörungen» bislang praktisch nicht vor. Vermutlich prägen die Medien auch die Vorstellungen hinsichtlich den Krankheitsursachen. In vager Refl exion psychoanalytischer Modelle sehen derzeit viele die Ursache von Essstörungen in der Kindheit, in mangelnder elterlicher Fürsorge, in sexuellem Missbrauch oder schlicht als Folge von Stress. Von der Therapie wird vor allem «die Aufarbeitung» dieser Probleme erwartet.

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