Beobachten und Dokumentieren im pädagogischen Alltag

Beobachten und Dokumentieren im pädagogischen Alltag

 

 

 

von: Susanne Viernickel, Petra Völkel

Verlag Herder GmbH, 2015

ISBN: 9783451805752

Sprache: Deutsch

128 Seiten, Download: 4450 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Beobachten und Dokumentieren im pädagogischen Alltag



2.2 Beobachten und Dokumentieren als Teil der Einrichtungskonzeption


Wie gelange ich zu einer gezielten Auswahl von Beobachtungsverfahren? Wir schlagen ihnen hierfür die im Folgenden beschriebenen Schritte vor. Dabei gehen wir davon aus, dass Beobachtung und Dokumentation Aufgaben sind, die auf der Ebene der Kindertageseinrichtung geplant, organisiert und ausgewertet werden müssen. Deshalb sprechen wir von ihnen als einem Teil der Einrichtungskonzeption. Selbstverständlich ist jede Fachkraft dann dafür verantwortlich, ihre Beobachtungstätigkeit und die Anfertigung der Aufzeichnungen in die alltägliche Arbeit zu integrieren. Der Nutzen der Aufzeichnungen wiederum ist umso höher, je häufiger die eigenen Wahrnehmungen mit den Kolleginnen geteilt und diskutiert werden. Kurz und gut: Es wird einfacher und effektiver, wenn sich ein Team zusammensetzt und eine übergreifende Beobachtungsplanung entwickelt. Aber auch, wenn sich ein solches Vorgehen nicht realisieren lässt, empfiehlt sich die beschriebene Schrittfolge.

1. Prüfung: Welche Empfehlungen sind für ihre Arbeit gültig?

Je nachdem, in welchem Bundesland und bei welchem Träger Erzieherinnen tätig sind, gelten für sie die jeweils spezifischen Vorgaben oder Empfehlungen. Das Bildungsprogramm oder der Bildungsplan ihres Bundeslandes wird sicherlich als Buch oder Dokument in ihrer Einrichtung vorhanden sein. Eine Liste aller Bildungsprogramme finden sie auf dem deutschen Bildungsserver unter http://www.bildungsserver.de/​zeigen.html?seite=202. Wenn sie bei einem Träger beschäftigt sind, der bereits ein trägerspezifisches Qualitätsrahmenhandbuch zur Verfügung stellt, dienen die entsprechenden Standards zur Beobachtung und Dokumentation als verbindliche Grundlage.

  • Wenn sie für sich alleine planen: Besorgen sie sich die für sie geltenden Dokumente (Bildungsprogramm, Qualitätshandbuch des Trägers) und arbeiten sie diese gründlich durch. Markieren sie die Stellen, die sich auf Beobachtung und Dokumentation beziehen oder schreiben sie sie heraus. Ziehen sie ein erstes Fazit: Sind die Aussagen eher allgemein oder enthalten sie verbindliche Vorgaben? Finden sich Hinweise auf bestimmte Beobachtungsverfahren? Welche Konsequenzen ergeben sich für ihre pädagogische Arbeit im Hinblick auf Beobachtung und Dokumentation?
  • Wenn sie im Team planen: Regen sie an, dass auf einer der nächsten Teamsitzungen die Abschnitte bzw. Standards, die sich auf Beobachtung und Dokumentation beziehen, herausgesucht, gelesen und diskutiert werden und ein erstes Fazit als Arbeitsergebnis gezogen wird (dieses Vorgehen ist analog zum Vorgehen, wenn sie für sich alleine planen). Wenn ihr Team bereits Qualitätsstandards erstellt, an denen die Arbeit in der Einrichtung orientiert und überprüft werden kann, oder dabei ist, die Richtlinien der Bildungspläne in die pädagogische Arbeit zu integrieren, umso besser. Dann kann die Thematisierung von Beobachtung und Dokumentation als nächster sinnvoller Schritt geplant werden.

2. Klärung: Welche pädagogischen Ziele möchte ich/​meine Einrichtung durch Beobachtung und Dokumentation erreichen?

Die Beobachtungs- und Dokumentationstätigkeit ist kein Selbstzweck. Sie dient immer den pädagogischen Zielen, die sie als Fachkraft bzw. als Teil des Einrichtungsteams verfolgen. Die verschriftlichte Konzeption, nach der die Einrichtung arbeitet, kann hier ein wichtiger Bezugspunkt sein, denn sie enthält normalerweise den Konsens, den ein Team in Bezug auf die pädagogischen Orientierungen, Zielsetzungen und Vorgehensweisen erreicht hat. Aber nicht immer spiegelt die Konzeption den aktuellen Stand der pädagogischen Arbeit in der Einrichtung wider; deshalb bleibt grundsätzlich die Reflexion fachlicher Orientierungen und Ziele notwendig, wenn Entscheidungen über Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren getroffen werden sollen. Ebenso kann keine Konzeption spezifische Fragestellungen, die sich in einer Gruppe oder auch bezüglich bestimmter Kinder immer wieder aufs Neue ergeben, befriedigend berücksichtigen. Diese sind aber ebenfalls wichtige Anlässe für eine gezielte Beobachtung.

  • Wenn sie für sich alleine planen: Sind sie in einer Einrichtung tätig, die eine Konzeption erstellt hat, können sie diese nutzen, um sich die dort benannten pädagogischen Ziele und Schwerpunktsetzungen zu vergegenwärtigen. Klären sie für sich, ob diese mit ihren eigenen Zielen und ihrer täglichen Praxis übereinstimmen, und identifizieren sie ihre persönlichen Schwerpunkte in der fachlichen Arbeit. Schreiben sie diese stichwortartig auf. Wie verhalten sich die notierten Schwerpunkte zu den vorher identifizierten Empfehlungen/​Vorgaben: Überschneiden, ergänzen oder widersprechen sie sich? Versuchen sie, eine Liste der inhaltlichen Bereiche und pädagogischen Fragen zu erstellen, die sowohl die externen Empfehlungen, die Konzeption als auch ihre persönlichen Anliegen berücksichtigt. Markieren sie dann für sich die Punkte, bei denen sie Beobachten und Dokumentieren für eine nützliche methodische Herangehensweise halten.
  • Wenn sie im Team planen: Auch in diesem Fall bietet sich die Einrichtungskonzeption als Ausgangsbasis für die Ziel- und Schwerpunktsetzung an. Welche inhaltlichen Schwerpunktsetzungen gibt es in ihrer Konzeption? Bildet z. B. die Sprachförderung einen Schwerpunkt, sollte hier auch das Hauptaugenmerk von Beobachtung und Dokumentation liegen. Ein Bewegungskindergarten wird ein stärkeres Interesse an der Bewegungsfreude und der Entwicklung der motorischen Fertigkeiten der Kinder sowie eventuell an einer Analyse der Nutzung seiner Bewegungsbaustelle haben als andere Einrichtungen.

Weitere Fragen, die im Team geklärt werden sollten, sind das herrschende Vorverständnis von Beobachtung und die derzeitige Beobachtungspraxis. In vielen Einrichtungen wird immer noch nur zu bestimmten Gelegenheiten – anlässlich von Elterngesprächen, vor dem Schulübergang, im Hinblick auf „Problemverhalten“ einzelner Kinder – beobachtet. In anderen Kindertageseinrichtungen obliegt es dem Engagement der einzelnen Fachkraft, ob und was sie beobachtet und dokumentiert. Wie sieht es in ihrer Einrichtung aus:

  • Zu welchen Anlässen, in welchen Abständen und in welcher Breite setzen sie bereits Beobachtung und Dokumentation ein?
  • Welche Formen haben sich als geeignet erwiesen, und wo sehen sie Veränderungsbedarf?
  • Wie kann Beobachtung sie dabei unterstützen, den Bildungsauftrag der Einrichtung zu erfüllen?

Idealerweise legt ihr Team nach der Auswertung einer solchen Fachdiskussion fest, welche Beobachtungspraxis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht werden soll und welche Schritte dazu getan werden müssen.

3. Auswahl: Welche Beobachtungshilfen sind geeignet?

Sie wissen nun, welche Empfehlungen oder Regelungen für ihre Arbeit gelten und haben Entscheidungen dahingehend getroffen, welche inhaltlichen Schwerpunkte sie für ihre Beobachtungen setzen wollen und welche fachlichen Ziele damit erreicht werden sollen. Nun geht es darum, geeignete Verfahren zusammenzustellen. Es gibt eine Reihe von Instrumenten, für die mehr oder weniger gut dokumentierte Erfahrungen vorliegen. Einige sind in Kap. 4 ausführlich beschrieben; sie bieten sich für unterschiedliche Fragestellungen an. Diese Informationen können ihnen als Entscheidungshilfe dienen. Allerdings kann dieses Buch keine vollständige Sammlung existierender Verfahren liefern. Vielleicht hat im Team die eine oder andere Kollegin von einem weiteren Beobachtungsinstrument gehört oder sogar Erfahrungen damit gesammelt. Wie oben erwähnt, bieten auch die Bildungspläne einiger Länder bzw. die Qualitätsrahmenhandbücher mancher Träger Ansatzpunkte. Beziehen sie auch solche Erfahrungswerte und Vorschläge in den Auswahlprozess ein.

  • Wenn sie für sich alleine planen: Treffen sie eine Auswahl, welche Verfahren für den Einsatz in ihrer pädagogischen Arbeit in Frage kommen. Prüfen sie dann anhand der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen, wie schwierig und wie zeitintensiv die Beobachtung und die Auswertung der Aufzeichnungen mit den ins Auge gefassten Instrumenten sind. Bei manchen Verfahren wird ein vorgängiges Training als Voraussetzung für aussagekräftige Ergebnisse angesehen, andere empfehlen es zumindest. Das ist äußerst sinnvoll, und dennoch gibt es gelegentlich Rahmenbedingungen, unter denen ein solches Training in absehbarer Zeit und auf Initiative einer einzelnen Fachkraft nicht ermöglicht werden kann. Wägen sie ab, ob sie die zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten haben, ein Training zu absolvieren. Entscheiden sie sich für ein eher einfaches und weniger zeitaufwendiges Verfahren, wenn sie bisher noch nicht viel Erfahrung im Beobachten gesammelt haben. Es ist besser, bescheiden anzufangen und mit zunehmender Sicherheit sein Repertoire auszubauen, als an einem zu hohen selbst gesetzten Anspruch zu scheitern.
  • Wenn sie im Team planen: Auch das Team wird auf Grund der vorangegangenen Überlegungen eine (Vor-)auswahl von Verfahren treffen müssen. Allerdings ist in der Regel die Chance größer, mehrere Bereiche der pädagogischen Arbeit parallel durch Beobachtung begleiten und angemessen dokumentieren zu können. Machen sie sich gemeinsam ein Bild über die in Frage kommenden Verfahren, und versuchen sie abzuschätzen, welcher Aufwand für Vorbereitung, Schulung, Durchführung, Dokumentation und Auswertung nötig wird. Als Team sollten sie auf eine...

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