Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten

Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten

 

 

 

von: Udo Kuckartz

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2007

ISBN: 9783531906645

Sprache: Deutsch

268 Seiten, Download: 1786 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Einführung in die computergestützte Analyse qualitativer Daten



3 Die Kategorien und das Codieren von Texten (S. 57)

1 Über Kategorien

Am Anfang aller qualitativen Verfahren der Textanalyse steht die sorgfältige Lektüre des Textmaterials. Auch bei der computerunterstützten Analyseform ziehen Wissenschaftler es meist vor, diesen ersten Arbeitsschritt nach dem Importieren eines Textes in die QDA-Software nicht am Bildschirm vorzunehmen. In der Forschungspraxis hat es sich bewährt, zunächst eine Arbeitsfassung der einzelnen Texte mit Absatznummerierung zu erstellen und auszudrucken. Diese Papierfassung des Textes ist es, mit der zunächst gearbeitet wird.

Vor allem dann, wenn man mit Kolleginnen und Kollegen im Team zusammen arbeitet, ist es von Vorteil über eine solche sequentiell nummerierte Textfassung zu verfügen. So kann man sich bei der gemeinsamen Diskussion von Textpassagen besser verständigen und unter Angabe der Absatznummer Textstellen leicht finden. Auch während der computerunterstützten Analyse qualitativer Daten ist es nicht der Computer, der denkt, interpretiert und codiert, sondern immer noch der Mensch.

Qualitative Daten sind gegenüber der datenbankmäßigen Erfassung und automatischen Codierung ein sehr resistentes Material. Deshalb ist es trotz der gestiegenen Möglichkeiten von automatischen Codierverfahren die intellektuelle Codierung, die im Zentrum von QDA-Programmen steht. Wenn hier von Codieren die Rede ist, so wird darunter zunächst ganz allgemein die Zuordnung von Kategorien zu relevanten Textpassagen bzw. die Klassifikation von Textmerkmalen verstanden. Unter einem Code oder einer Kategorie ist dabei ein Bezeichner zu verstehen, der Textstellen zugeordnet wird.

Es kann sich dabei um ein einzelnes Wort (z.B. "Einstellungen"), sogar nur um ein einzelnes Zeichen oder um eine Mehrwortkombination handeln (z.B. "Mutterbindung in der frühen Kindheit"). Die Codierung geschieht in der Regel also nicht automatisch, z.B. aufgrund bestimmter Worte oder Wortkombinationen im Text, sondern ist Resultat einer menschlichen Interpretationsleistung, welche natürlich zwin- gend die Lektüre und die Durcharbeitung des Textes voraussetzt.

In der sozialwissenschaftlichen Methodenliteratur wird dem Thema Kategorien und Kategorienfindung keine sonderliche Aufmerksamkeit gewidmet. Was überhaupt eine Kategorie ist und wie man Kategorien bildet, wird in Methodentexten meist nicht weiter problematisiert, sondern stillschweigend vorausgesetzt, d.h. man unterstellt, dass die Fähigkeit zum Bilden von Kategorien als Alltagstechnik bei jedem vorhanden ist.

Im Methodenlexikon von Kriz und Lisch heißt es etwa: "Patentrezepte für die Kategorienbildung im engeren Sinne gibt es nicht, je nach Untersuchungsgegenstand müssen dazu immer wieder neue Entscheidungen gefällt werden" (Kriz/Lisch 1988: 134). In den Inhaltsregistern der bekannten deutschsprachigen Methodenlehrbücher sucht man meist vergeblich nach dem Stichwort Kategorie (so bei Diekmann 2000).

Wenn man überhaupt einen Eintrag findet, wird häufig auf Textseiten verwiesen, in denen von speziellen Analyseverfahren die Rede ist und in diesem Kontext dann auch von Kategorien, etwa von Beobachtungskategorien, Kategoriensystemen in der klassischen Inhaltsanalyse u.ä. Der Kategorienbegriff und die Kategorienbildung selbst werden indes nicht zum Gegenstand gemacht. Häufig wird der Begriff Kategorie synonym mit Variable oder Merkmal benutzt.

Im Forschungskonzept des Kritischen Rationalismus werden Kategorien als Operationalisierungen der in den Hypothesen enthaltenen Begriffe aufgefasst. Sie haben hier also den Charakter von Nominaldefinitionen. Das Gegenstück zu dieser deduktiven Vorgehensweise stellt die induktive Kategorienbildung dar, bei welcher der kategoriale Bezugsrahmen aus den Daten selbst konstruiert wird. Bei genauerem Hinschauen zeigt sich allerdings oft, dass das Vor- und Kontextwissen des Forschers dabei einen nicht zu unterschätzenden Einfluss hat (vgl. etwa die protokollierte Seminarsitzung "Umgang mit Schmerz" in Strauss 1991: 74 ff.).

Hier soll es nicht um die allgemeine Betrachtung von Vorgehensweisen bei der Kategorienbildung in der sozialwissenschaftlichen Forschung gehen, sondern um die spezifische Perspektive der qualitativ orientierten Text- und Inhaltsanalyse. Kategorie bedeutet hier - technisch gesprochen - nichts anderes als einen Begriff, ein Label, das vom Bearbeiter der Texte definiert wird, d.h. ein Wort, mehrere Wörter oder eine Kurzsatz, die nicht notwendigerweise auch im Text vorkommen müssen.

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