Fragebogen - Ein Arbeitsbuch

Fragebogen - Ein Arbeitsbuch

 

 

 

von: Rolf Porst

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531908977

Sprache: Deutsch

189 Seiten, Download: 8130 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Fragebogen - Ein Arbeitsbuch



2. Kognitionspsychologische und kommunikative Grundlagen der Befragung (S. 17)

Eigentlich ist es ganz einfach mit der Fragebogenkonstruktion: „Nicht der Interviewer, der Fragebogen muss schlau sein!“ Diese Aussage ist – das muss man angesichts der raschen Entwicklung der empirischen Sozialforschung einfach so sagen – „uralt“ (Schmidtchen 1962: 9), und wenn man sich nur daran hielte, wäre alles ganz leicht.

Dieses Fragebogenbuch hätte nicht geschrieben werden müssen, und Sie hätten es auch nicht gebraucht, um Ihren Fragebogen zu entwickeln. Nur: Wir wissen natürlich nicht so recht, was denn ein „schlauer“ Fragebogen eigentlich ist. Gehen wir also anders herum vor und fragen danach, welche Überlegungen der Entwicklung eines Fragebogens zu Grunde liegen müssen, damit aus einem Fragebogen ein „schlauer“ Fragebogen wird. Denken wir dabei an die Person, die letztendlich mit dem Fragebogen zurechtkommen muss, also an die Befragungsperson.

Personen, die an einer Befragung teilnehmen, haben (vgl. Strack und Martin 1987, sehr gut dargestellt auch in Sudman u.a. 1996, Kapitel 3) mehrere Aufgaben zu lösen.

Sie müssen

1. die gestellte Frage verstehen,

2. relevante Informationen zum Beantworten aus dem Gedächtnis abrufen,

3. auf der Basis dieser Informationen ein Urteil bilden,

4. dieses Urteil gegebenenfalls in ein Antwortformat einpassen und

5. ihr „privates“ Urteil vor Weitergabe an den Interviewer bzw. den Fragebogen gegebenenfalls „editieren”.

Von Punkt 5 abgesehen (bei einigen Befragungsmodi gibt es halt Interviewer, bei anderen nicht) sind diese Prozesse zunächst einmal völlig unabhängig davon, ob Sie eine persönlich-mündliche Befragung, eine telefonische oder eine schriftliche Befragung planen.

Einer guten Frage ist es bei ihrer Entwicklung zunächst einmal hinreichend egal, in welchem Befragungsmodus sie später zum Einsatz kommen soll. Die genannten Prozesse sind grundlegender Natur und gelten für die Beantwortung von Fragen „im Allgemeinen“. Das sollten wir uns näher ansehen. Beginnen wir mit dem Frageverständnis.

2.1 Die gestellte Frage verstehen

Mit „die gestellte Frage verstehen“ ist nicht gemeint, ob der Interviewer laut und deutlich spricht oder ob die Befragungsperson konzentriert zuhört. Das ist natürlich auch wichtig, kann hier aber vernachlässigt werden. Es geht hier nicht um das „Verstehen“, sondern um das „Verständnis“ einer Frage.

Wenn wir eine Frage stellen, stellt sich damit auch zugleich für uns eine Frage, nämlich: Werden die Befragungspersonen die Frage so verstehen, wie wir wollen, dass sie sie verstehen? Verstehen die Befragungspersonen die Frage so, wie es vom Forscher oder der Forscherin intendiert ist? Nur wenn dies der Fall ist, haben wir eine erste entscheidende Klippe umschifft.

Verständnis hat aus der Sicht der Befragungsperson dabei zwei Dimensionen:

1. Semantisches Verständnis: Was soll eine Frage oder ein Begriff in einer Frage „heißen“? und

2. Pragmatisches Verständnis: „Was will der Forscher – oder der ihn repräsentierende Interviewer – eigentlich „wissen“?

Dazu bedarf es einiger Erläuterungen und einiger Beispiele. Beginnen wir mit dem semantischen Verständnis.

2.1.1 Semantisches Verständnis

Beim semantischen Verständnis muss sich die Befragungsperson darüber klar werden, was eine Frage, eine Formulierung oder ein Begriff in einer Frage ei-gentlich „heißen“ soll. Was ist gemeint, wenn in einer Frage der Begriff „Familie“ auftaucht? Die Herkunftsfamilie, die eigene Familie, die Kernfamilie, die erweiterte Familie, oder was? Probleme mit dem semantischen Verständnis treten bei Befragungspersonen auf, wenn Begriffe in Fragen unbekannt sind: „In welchem Alter beginnt Ihrer Meinung nach bei Männern die Andropause?“

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