Jugendhilfe und Schule - Handbuch für eine gelingende Kooperation

Jugendhilfe und Schule - Handbuch für eine gelingende Kooperation

 

 

 

von: Angelika Henschel, Rolf Krüger, Christof Schmitt, Waldemar Stange

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2008

ISBN: 9783531908205

Sprache: Deutsch

774 Seiten, Download: 3549 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Jugendhilfe und Schule - Handbuch für eine gelingende Kooperation



Teil B – Ausgewählte Problemstellungen (S. 243-245)

Dan Olweus

Mobbing in Schulen: Fakten und Intervention

„Zwei Jahre lang war Johnny, ein stiller 13-jähriger Junge, für einige seiner Klassenkameraden ein lebendiges Spielzeug. Die Teenager nahmen Johnny Geld ab, zwangen ihn, Unkraut zu essen und Milch zu trinken, die mit Putzmitteln gemischt war. Sie schlugen ihn in den Toilettenräumen zusammen und banden ihm ein Seil um den Hals, um ihn als „Haustier" herumzuführen. Als Johnnys Peiniger nach dem Mobbing gefragt wurden, sagten sie, sie hätten ihr Opfer gequält, weil es ihnen Spaß gemacht hätte" (Auszug aus einem Zeitungsartikel in Olweus 1993: 7). Dieser Zeitungsausschnitt zeigt in bedrückender Weise, zu welcher Grausamkeit Kinder und Jugendliche unter bestimmten Umständen in der Lage sind. Und er zeigt, welcher Albtraum es für den gequälten Schüler sein kann, zur Schule zu gehen – häufig, ohne dass die Eltern oder die Lehrer ahnen, was los ist. Mobbing unter Schulkindern ist sicherlich ein sehr altes Phänomen.

Obwohl viele das Problem kennen, ist es noch nicht so lange her – etwa seit den frühen 1970er Jahren –, dass das Phänomen systematisch wissenschaftlich untersucht wurde (Olweus 1973a, 1978). Einige Jahre lang lag der Forschungsschwerpunkt in Skandinavien. In den späten 1980er und den 1990er Jahren wurden auch andere Länder wie Japan, Großbritannien, die Niederlande, Kanada, USA und Spanien auf Mobbing unter Schulkindern aufmerksam (für weitere Verweise siehe auch Olweus 1993). In den letzten ungefähr zehn Jahren gab es eine fast explosionsartige Entwicklung auf diesem Gebiet, was sowohl die Forschung als auch die Intervention und nationale Politik angeht (z.B. Smith/Morita/Junger-Tas/Olweus/Catalano/ Slee 1999, Juvonen/Graham 2001, Espelage/Swearer 2004, Smith/Pepler/Rigby 2004).

In den USA wurde diese gesteigerte Aufmerksamkeit durch einige Schießereien in Schulen, die in den Medien sehr präsent waren, weiter gestärkt. Bei diesen tragischen Vorfällen wurde teilweise eine Beziehung der Täter-Opfer-Problematik im Rahmen von Mobbing bei den beteiligten Schülern hergestellt (Anderson et al. 2001). Vor diesem Hintergrund werde ich nun kurz die Definitionen von Mobbing und Gewalt präsentieren und einige Forschungsergebnisse über das Vorkommen und die Charakteristika von Tätern und Opfern vorstellen. Danach konzentriert sich mein Vortrag auf die Interventionen gegen die Täter-Opfer-Problematik, die wir in den letzten 20 Jahren in Norwegen durchgeführt haben sowie auf eine neue landesweite Interventions- und Präventionsinitiative. Definitionen von Mobbing und Gewalt an Schulen Bereits in den 1980er Jahren habe ich folgende Definition von Mobbing entwickelt (Olweus 1986, 1993):

Eine negative Aktivität besteht dann, wenn jemand vorsätzlich den Schüler verletzt oder versucht zu verletzen, oder ihm Unbehagen bereitet – was grundsätzlich die Definition von aggressivem Verhalten beinhaltet (Olweus 1973b, Berkowitz 1993). Negative Aktivitäten können durch physischen Kontakt, durch Worte oder auf anderen Wegen wie durch Grimassen schneiden oder verletzende Gesten sowie durch den vorsätzlichen Ausschluss aus einer Gruppe bestehen. Bei der Verwendung des Begriffes Mobbing sollte außerdem ein Macht- oder Kräfte-Ungleichgewicht (eine asymmetrische Beziehung) bestehen: Dem Schüler, der den negativen Aktivitäten ausgesetzt ist, fällt es schwer, sich zu verteidigen. Etwas allgemeiner ausgedrückt, kann Mobbing definiert werden als „vorsätzliches, wiederholt negatives (unangenehmes oder verletzendes) Verhalten von einer oder mehreren Personen einer anderen Person gegenüber, die Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen."

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