Soziologie für die Altenarbeit - Soziale Gerontologie

Soziologie für die Altenarbeit - Soziale Gerontologie

 

 

 

von: Kurt Witterstätter

Lambertus Verlag, 2003

ISBN: 9783784114675

Sprache: Deutsch

259 Seiten, Download: 1585 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Soziologie für die Altenarbeit - Soziale Gerontologie



3. ALTER UND GESELLSCHAFT IM WANDEL (S. 52-53)

Wurden im vorigen Abschnitt mehr die augenblicklich im Verhältnis des alten Individuums zu seinen Handlungspartnern wirksamen Beziehungen betrachtet, also die Mikrostruktur der Handlungsebene, soll im Folgenden die gesellschaftliche Makrostruktur in Bezug auf das Alter untersucht werden. Sozialhistorische Prozesse haben dazu geführt, dass sich die Situation alter Menschen heute anders darstellt als zu früheren historischen Zeitepochen. Tews spricht in Bezug auf die derzeitige Altenbevölkerung von den folgenden fünf Trends (in: Lebenslagen im Strukturwandel des Alters 1993, 23 ff.):

(1) Verjüngung,
(2) Entberuflichung,
(3) Feminisierung,
(4) Singularisierung,
(5) Hochaltrigkeit.


Diese Erscheinungen werden in Abschnitt 3.2 näher gekennzeichnet. Zeitwandeleffekte bewirken, dass sich die Lage alter Menschen bereits im Abstand einer Generation – also nach ca. 30 Jahren – wiederum verändert.

3.1 Tradition und Präfiguration

Wertschätzung von Erfahrung

Einer der Hauptunterschiede zwischen traditional-statischen Gesellschaften, wie sie bei uns im Mittelalter, in unterentwickelten Teilen der Welt noch heute herrschen, und den dynamischen, modernen, entwickelten Gesellschaften ist der schnelle Wandel der Lebensverhältnisse. Tradition und überkommene, lange gewachsene Lebensvollzüge gelten in modernen Gesellschaften wenig. Dementsprechend ist auch das Ansehen der die Traditionen verkörpernden und überliefernden alten Menschen gering. Sie stünden Neuerungen sogar im Wege, weil sie am Althergebrachten kleben, wird gemutmaßt.

Wegwerfgesellschaft

Ein wichtiger Gesichtspunkt ist die verbreitete Konsumhaltung unserer Gesellschaft: Derjenige genießt hohes Ansehen, der seine angebliche Be deutung mit ständigem Konsum neuer Artikel dokumentiert. Das neue Auto ist eines der besten Beispiele. Die Wirtschaft ist an einem Dauerkonsum interessiert, um ihren Umsatz zu steigern. Dieser „demonstrative Konsum" zur Dokumentation des eigenen Status bedingt aber auch das Wegwerfen des gebrauchten, zur Statusdemonstration nicht mehr tauglichen Gegenstandes. Alte Waren taugen nichts mehr, ist die Devise. Dies führt ganz allgemein zur Abwertung alles Älteren, nicht mehr Modernen. Im Zuge solcher Haltungen werden auch alte Menschen abgewertet. Inwieweit es sich positiv auf die Wertschätzung alter Menschen auswirken wird, dass angesichts von Rohstoffkrisen gebrauchte Gegenstände höher bewertet und wieder verwendet werden (Recycling), bleibt abzuwarten. Momentan jedenfalls tragen auch schnelle Wandlungen in Wissenschaft, Technik und Bildungssystem dazu bei, dass Erfahrungen und Wissen von gestern sowie die, die sie verkörpern – eben die alten Menschen – gering bewertet werden.

Von der post- über die ko- zur präfigurierenden Kultur

Die Kulturanthropologin Margaret Mead (1971, 126 ff.) sieht im Wandel der Gesellschaften die folgende Gesetzmäßigkeit im Verhältnis zwischen der jüngeren und der älteren Generation: Die Entwicklung gehe aus von der postfigurativen Kultur. Postfigurative Gesellschaften stützen sich auf die Älteren, die ihre Erfahrungen den Jüngeren weitergeben. Hierbei werde die Vergangenheit kopiert.

Zweite Phase ist nach Margaret Mead die kofigurierende Kultur mit einer gemeinsamen Aufgabenlösung und Zusammenarbeit von Jung und Alt an aktuellen Problemen. In der dritten Stufe, der in den entwickelten Gesellschaften aktuellen präfigurierenden Kultur, zeigt die Jugend initiativ den Älteren Entwicklungswege auf. Dies sei vor allem nötig, um Zukunftsprobleme bereits von vornherein anzupacken. Ältere können hier zwar noch vom Wert des Lernens und von Bindungen an sich überzeugen, aber nicht mehr mit aktuellem Erfahrungswissen. Dieses wird von Jüngeren bereitgestellt, und Ältere können es sich genauso aneignen wie andere jüngere Menschen, die noch nicht im Besitz solcher innovativen Kenntnisse sind.

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