Die Zusammenarbeit von Pflegefamilie und Herkunftsfamilie in dauerhaften Pflegeverhältnissen

Die Zusammenarbeit von Pflegefamilie und Herkunftsfamilie in dauerhaften Pflegeverhältnissen

 

 

 

von: Stefanie Sauer

Verlag Barbara Budrich , 2008

ISBN: 9783866491243

Sprache: Deutsch

369 Seiten, Download: 4052 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Die Zusammenarbeit von Pflegefamilie und Herkunftsfamilie in dauerhaften Pflegeverhältnissen



5. Denken in wechselseitigen Wirkungszusammenhängen – ein theoretischer Rahmen für die Analyse der Konstruktion von Kooperationsprozessen in Dauerpflegeverhältnissen (S.65)

Im Folgenden werden die theoretischen Bezüge für die Analyse der für die Entwicklung des Pflegekindes entscheidenden Bedingungen seines Lebens mit zwei Familien und deren Verbindungen dargelegt.

5.1 Die sozialökologische Perspektive
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten zur theoretischen und methodischen Erfassung von Problematiken der Zusammenarbeit von Pflegefamilie und Herkunftsfamilie. Um der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden und die Forschungsdefizite auszugleichen, ist die Analyse der Wirkungszusammenhängen auf mehreren Ebenen erforderlich. Dazu erscheint eine Kombination verschiedener Theorien und Ansätze sinnvoll. Der sozialökologische Ansatz bietet einen Rahmen, um die Erkenntnisse unterschiedlicher Forschungsrichtungen zueinander in Beziehung zu setzen:

"Sozialökologisch denken, forschen und argumentieren heißt, die Entwicklung des einzelnen Menschen im Rahmen seiner Beziehungen zu den physischen, sozialen und kulturellen Umwelten begreifen zu wollen – das ist dann eine die Disziplinen übergreifende Sichtweise" (Grundmann u.a. 2000b: 9).

Dieser Ansatz soll in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand um interaktionistische (z.B. Mead 1968) und phänomenologisch-wissenssoziologische (z.B. Berger, Luckmann 1969) Aspekte erweitert werden.

5.2 Das Modell der ‚Ökologie der menschlichen Entwicklung’ von Urie Bronfenbrenner
In den 1960er Jahren begann Urie Bronfenbrenner, als einer seiner bekanntesten Vertreter in Nordamerika, den sozialökologischen Ansatz auf der Grundlage eines breit angelegten Forschungsprogramms zu begründen und auszuarbeiten. Mit explizitem Bezug auf entwicklungspsychologische Erkenntnisse Piagets (z.B. 1975, 1992), psychoanalytische und lerntheoretische Konzepte, pragmatistische Ansätze (Mead 1968) sowie phänomenologische (z.B. Husserl 1950) und systemtheoretische Perspektiven, entwickelte Bronfenbrenner mit dem Modell der „Ökologie der menschlichen Entwicklung" (engl. 1979, dt. 1981) ein differenziertes Mehrebenenmodell, mit dessen Hilfe diejenigen Strukturen und Prozesse in der unmittelbaren Umwelt (z.B. Familie, Schule) und die Einflüsse und Wirkungsweisen größerer sozialer Kontexte (z.B. Institutionen) in ihrer Bedeutung für den Verlauf und den Inhalt der menschlichen Entwicklung beschrieben und zueinander in Beziehung gesetzt werden können. ‚Ökologie’ wird dabei „nicht als übergeordnete Umwelt, sondern als Lebenswelt betrachtet" (Grundmann u.a. 2000a: 18). Im Hinblick auf seinen Ertrag für die Familienforschung wurde der sozialökologische Ansatz in den 1970er Jahren auch in Deutschland rezipiert und kritisch diskutiert (Grundmann u.a. 2000b, Lüscher 1994). Seitdem hat sich auf dieser Grundlage ein breites Forschungsfeld entwickelt. Methodologisch wird der sozialökologische Ansatz in der Regel der Systemtheorie zugeordnet oder als ökologischsystemisches Konzept betrachtet (Hurrelmann, Brendel 2003, Mühlum 1986, Wendt 1986).

Das Grundaxiom des sozialökologischen Ansatzes ist die Annahme, dass sich das Individuum im Laufe seiner Entwicklung an seine Lebenswelt anpasst und diese gleichzeitig durch sein Handeln gestaltet. Die gegenseitige Anpassung zwischen Mensch und Umwelt stellt sich als ein reziproker Prozess dar. Bronfenbrenner definiert ihn folgendermaßen:
„Die Ökologie der menschlichen Entwicklung befasst sich mit der fortschreitenden gegenseitigen Anpassung zwischen dem aktiven, sich entwickelnden Menschen und den wechselnden Eigenschaften seiner unmittelbaren Lebensbereiche. Dieser Prozess wird fortlaufend von den Beziehungen dieser Lebensbereiche untereinander und von den größeren Kontexten beeinflusst, in die sie eingebettet sind" (Bronfenbrenner 1981: 37).

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