Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen

Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen

 

 

 

von: Markus A. Landolt, Thomas Hensel (Hrsg.)

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2008

ISBN: 9783840920714

Sprache: Deutsch

318 Seiten, Download: 9565 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen



10 Gruppenpsychotherapie mit (kriegs-)traumatisierten Kindern und Jugendlichen: Ein entwicklungs- und resilienzorientierter Ansatz (S. 201-202)

Hanna Wintsch

10.1 Theoretischer Hintergrund

10.1.1 Gruppenpsychotherapie


Seit dem Klassiker von Slavson (1943) werden Gruppenpsychotherapien mit unterschiedlichen Altersgruppen und bei verschiedenen Störungsbildern durchgeführt. Gruppentherapie ermöglicht Kindern und Jugendlichen, in einem geschützten Rahmen neue entwicklungsfördernde Erfahrungen zu machen. Zentrales Element der Gruppenpsychotherapie ist die Unterstützung durch Gleichaltrige. Arbeitsweisen und Methoden der Gruppentherapie sind je nach Gruppenthema und Alter verschieden.

Die ersten Gruppentherapien mit traumatisierten Kindern fanden anfangs der 1980er Jahre statt. Kinder oder Jugendliche mit gleichem oder ähnlichem Trauma wurden gemeinsam behandelt. In den 1990er Jahren erlebte die Gruppentherapie einen eigentlichen Aufschwung, der bis heute anhält. Eine Gruppe fördert den Normalisierungseffekt, indem sie den Mitgliedern das Gefühl vermittelt, mit ihren traumatischen Erfahrungen nicht alleine zu sein (Drees, 1996, Herman, 1993, Hilweg & Ullmann, 1997, Foy et al., 2000). Ursprünglich waren es vorwiegend sexuell ausgebeutete Kinder, bei denen sich der Gruppenansatz als hilfreich erwies, da sich unter gleichermaßen Betroffenen Scham und Isolation leichter überwinden ließen (Hyde, 1995, Deblinger et al., 2001, Thun et al., 2002, Tourigny et al., 2005). Gute Erfahrungen mit Gruppentherapien wurden auch bei misshandelten und von Gewalt oder Tötungsdelikten betroffenen Kindern gemacht (Fatout, 1993, Glodich & Allen, 1998, Stein et al., 2003, Salloum,Avery & McClain, 2001). Ovaert et al. (2003) arbeiteten mit Jugendlichen in Gefängnissen, die vorher Gewalt von Gangs ausgesetzt waren.

Auf Grund der Terrorakte in den letzten Jahren – spätestens aber seit dem 11. September 2001 – haben therapeutische Gruppenangebote nochmals zugenommen (Tompsett, 2004, Haen, 2005). Auch Großereignisse wie Erdbeben, Flut- und andere Naturkatastrophen sowie Kriege erforderten neben individuellen Therapien neue effiziente Interventionsformen. Eine Katastrophe mit einer hohen Anzahl traumatisierter Kinder und Jugendlicher verlangt therapeutische Vorgehensweisen, die möglichst viele erreichen, die Gruppentherapie scheint in diesem Kontext Methode der Wahl zu sein (Webb, 1999, 2004, Lykes, 1994, Macy, Barry & Noam, 2003).

Oft wird die Schule bzw. die Klasse als Interventionsrahmen gewählt (school-based approach). So kann man Kinder und Jugendliche in der vertrauten Umgebung ihrer Klasse oder Schule behandeln und gleichzeitig therapeutisch eine große Anzahl Betroffener erreichen. Damit fällt der gefürchtete Stigmatisierungseffekt weg oder wird zumindest reduziert (Murphy, Pynoos & James, 1997, Layne et al., 2001, Saltzman et al., 2001). Viel stärker noch als bei Naturkatastrophen benötigen kriegstraumatisierte Kinder und Jugendliche niederschwellige, schulintegrierte Interventionen, sowohl vor Ort in den Kriegsgebieten als auch in den Fluchtländern (Pantic, 1998, Moser & Zingg, 2000, Wintsch, 2000a, Bienlein et al., 2005).

Auch das National Child Traumatic Stress Network empfiehlt für die psychische Gesundheit der Flüchtlingskinder schulintegrierte Maßnahmen (Birman et al., 2005). In der englischen Literatur wird der sogenannte ‚community based approach‘ immer häufiger beschrieben, was ungefähr mit ‚die ganze Bevölkerung betreffender‘ oder ‚gemeinschaftsorientierter‘ Ansatz übersetzt werden kann. Damit wird die Bedeutung des sozialen Netzwerks hervorgehoben, vor allem aber die damit verbundene Unterstützung im Gesamtkontext (Lykes, 1994, Macy, 2003, Amaya-Jackson et al., 2003). Die meisten internationalen Organisationen, so auch die WHO und das Kinderhilfswerk Unicef vertreten solche gemeinschaftsorientierten und/oder schulintegrierten Ansätze. Kataoka et al. (2003) haben in Schulen mit gewaltbetroffenen Immigranten aus Lateinamerika gearbeitet.

Kategorien

Service

Info/Kontakt

  Info
Hier gelangen Sie wieder zum Online-Auftritt Ihrer Bibliothek