Konfrontative Pädagogik - Konfliktbearbeitung in Sozialer Arbeit und Erziehung

Konfrontative Pädagogik - Konfliktbearbeitung in Sozialer Arbeit und Erziehung

 

 

 

von: Jens Weidner, Rainer Kilb

VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2010

ISBN: 9783531924069

Sprache: Deutsch

250 Seiten, Download: 5200 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Konfrontative Pädagogik - Konfliktbearbeitung in Sozialer Arbeit und Erziehung



Der Einsatz konfrontativer Techniken bei Ablöseprozessen Jugendlicher in pädagogischen Maßnahmen und Einrichtungen (S. 179-180)

Rainer Kilb

Wenn Jugendliche älter, aber nicht erwachsener werden...

Es war einmal ein Jugendclub, in dem hatten sich die sozialpädagogischen Fachkräfte seit längerer Zeit mit immer denselben Jugendlichen alltäglich beschäftigt, da geholfen, dort den „Ausputzer“ gespielt ... die SozialarbeiterInnen sprachen längst von „ihren Kids“. Aber auch „ihre Kids“ beschäftigten sich nahezu täglich mit den Fachkräften, die sie entweder liebevoll mit Pit und Pulle, Jo und Moppel, Geli und Micki oder manchmal nicht mehr ganz so liebevoll mit „Wichser“, „Schlampe“, „Penner“ oder „Arschloch“ ansprachen. Man verstand sich trotz alledem; man wusste ja um die vermeintlichen Hintergründe dieser Codierungen.

Die Fachkräfte arbeiteten nach einem Konzept der sogenannten Raumaneignung, d.h. die Jugendlichen sollten die Clubräume als die Ihrigen betrachten lernen, diese selbst ausgestalten können, um sich dann besser mit dem ganzen Haus identifizieren zu lernen. Allmählich waren aus den Jugendlichen junge Erwachsene geworden (ca. 40% aller BesucherInnen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in großstädtischen Ballungsräumen sind junge Erwachsene und damit keine Jugendlichen mehr!).

Die Gruppe schmolz immer mehr auf einen kleinen Kern zusammen, der ein unausgesprochenes und somit „heimliches“ Hausrecht ausübte: Bevor das Haus geöffnet wurde saß man schon spalierförmig vor dem Eingang, kiffte dort und spie den Zugangsweg im Sinne einer ekelerregenden Zugangs- und Territorialsperre derart zu, dass deren Überwindung nur ihnen selbst und den Fachkräften, die das ja gewohnt waren, gelang. Ihre Botschaft hieß: Nur wir selbst haben hier Zugang! Und sie kam an.

Gleichzeitig wurde immer häufiger von „damals“ erzählt, als noch mehr los war. Die SozialarbeiterInnen schwankten zwischen der Sehnsucht nach Wiederherstellung der „historischen Situationen“ und eines Neuanfangs, natürlich mit Einbezug „ihrer Kids“, der jetzt jungen Erwachsenen. Je länger dieser Zustand andauerte, um so kleiner und frustrierter und um so schwieriger wurde die „Restgruppe“. Das Signal, welches bei den Fachkräften landete, war das einer immer größer werdenden Hilfebedürftigkeit.

Offensichtlich war aber das, was „Ihre-Kids“ als Hilfe benötigten, im Club nicht mehr zu erhalten und so zerstörten sie diesen und damit ihre „eigenen“ Räume zunächst vorsichtig und später immer öfter und zuletzt radikal; zwischenzeitlich wurden Pulle, Pit und Micki noch bedroht: und mit einem abschließenden Inferno endet diese Geschichte und bildet die finale Sequenz eines offensichtlich nicht ganz gelungenen „Auszuges“ aus dem Jugend(zu)Hause. Dass der Auszug dann diese aggressiv-destruktiven Formen trägt macht ihn zu einem eindeutigen Signal mit Endgültigkeitscharakter, von „Ihre-Kids“ wohl adressiert an sie, die pädagogischen Fachkräfte. Es stellen sich hier eine ganze Palette von Fragen:

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