Aristoteles. Die Nikomachische Ethik.

Aristoteles. Die Nikomachische Ethik.

 

 

 

von: Otfried Höffe

De Gruyter Akademie Forschung, 2006

ISBN: 9783050042404

Sprache: Deutsch

329 Seiten, Download: 1453 KB

 
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Aristoteles. Die Nikomachische Ethik.



Otfried Höffe
2 Ethik als praktische Philosophie – Methodische Überlegungen (I 1, 1094a22–1095a13) (S: 13-14)

Die Nikomachische Ethik beginnt mit einer bemerkenswert gehaltreichen Einleitung. Ihr erstes Kapitel stellt den Gegenstand vor und ordnet ihn der Politik zu; es fragt nach der Genauigkeit, die man von der Ethik erwarten darf, und erklärt, zu welchem Zweck man philosophische Ethik betreibe. Untergliedern kann man das Kapitel in zwei Hauptteile. Der erste, kürzere Teil (1094a1–22) führt den Gegenstand, das Gute (agathon), ein, verstanden als das Umwillen bzw. als Ziel typisch menschlicher Tätigkeiten. Zugleich werden diese Tätigkeiten ihrer Struktur nach als Bewegung auf ein Ziel hin, als ein Streben (ephiesthai bzw. orexis), bestimmt. Im Rahmen der verschiedenen, hierarchisch angeordneten Ziele geht es näherhin um einen Superlativ des Guten, um ein Ziel, das um seiner selbst willen verfolgt wird, um jenes Beste (to ariston), das im nächsten Kapitel als Glück identifiziert wird (I 2, 1095a18f.).

Die folgenden Erläuterungen befassen sich aber nicht damit, sondern mit dem umfangreicheren zweiten Hauptteil, der als Methodenexkurs bekannt ist (1094a22–1095b13; für den Glücksbegriff siehe Beitrag Nr. 3, auch 13.5). Zu Beginn (a22–26) nennt Aristoteles die drei Gesichtspunkte, die er dann in umgekehrter Reihenfolge abhandelt:

a) Die Ethik dient dem Leben, hat also eine praktische, sogar existentielle Bedeutung (1094a22–24 und 1094b27– 1095a13);

b) der Wissensart nach liegt ein typô(i) – das heißt Grundriß –Wissen und ein hôs epi to poly –, ein Zumeist-Wissen vor (1094a24–26 und 1094b11–27);

c) schließlich fragt Aristoteles nach der Wissenschaft (epistêmê) oder Fähigkeit (dynamis), zu der diese Überlegungen gehören (1094a25f.), und antwortet: zur politischen (1094a26–b11).

2.1 Ethik und Politik

Nach einer verbreiteten Ansicht ist das leitende Gute des Menschen, das Glück, etwas sehr Persönliches, vielleicht sogar Privates. Aristoteles entfaltet einen anderen Begriff und läßt die Andersartigkeit schon hier beginnen, wo er es einem Bereich zuordnet, den wir allenfalls für subsidiär zuständig halten, der Politik. Die damit angedeutete Differenz könnte man zu einem Gegensatz von “persönlich/privat” und “politisch”, außerdem zum Gegensatz von Antike und Moderne hochstilisieren wollen. Während in der Moderne ein persönlicher oder privater, manchmal sogar privatistischer Begriff vorherrsche – das Glück als ein Glücksgefühl oder als eine bestimmte Innerlichkeit –, sei nach der durch Aristoteles repräsentierten Antike das Glück nur innerhalb einer Polis bzw. des Staates zu verwirklichen. Damit verwandt ist die These, die auf den großen Aristoteliker der Neuzeit, Hegel, zurückgeht: Aristoteles sehe “die politische Philosophie als die allgemeine, ganze praktische Philosophie an” (Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, in Gesammelte Werke 19, 225). Nach Hegel sind Ethik und Politik untrennbar miteinander verknüpft; außerdem erscheint die Ethik als eine der Politik untergeordnete Disziplin.

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