Judith Butler

Judith Butler

 

 

 

von: Paula-Irene Villa

Campus Verlag, 2003

ISBN: 9783593400464

Sprache: Deutsch

162 Seiten, Download: 645 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Judith Butler



Einleitung
Kaum eine andere Autorin hat in der gegenwärtigen feministischen Theorie für so viel Aufsehen gesorgt wie Judith Butler. Und kaum eine andere Theoretikerin zu Geschlechterfragen war und ist derart umstritten. Ihr 1991 im Deutschen erschienenes Buch Das Unbehagen der Geschlechter hat tatsächlich ein gehöriges Unbehagen ausgelöst, sowohl innerhalb der Frauen- und Geschlechterforschung und in Teilen der politischen Philosophie als auch in der feministischen Öffentlichkeit. Butler gilt als Begründerin der »Queer Theory«, sie steht für den linguistic turn der Frauen- und Geschlechterforschung, und sie hat -- wie sich zeigen wird, nicht ganz zu Recht -- den Ruf einer typisch »postmodernen« Autorin. Judith Butler wurde im deutschsprachigen Raum zwar sofort nach Erscheinen ihres ersten deutschsprachigen Buches breit rezipiert (was keineswegs selbstverständlich ist) --, sie wurde dabei allerdings zunächst mit Skepsis, ja mit Ablehnung bedacht. Geradezu erbost reagierten manche gestandenen Wissenschaftlerinnen auf ihr Erscheinen auf der feministischen Bühne. Davon zeugen die ersten Auseinandersetzungen um 1993, etwa Carol Hagemann-Whites Feststellung, bei Gender Trouble (so der Originaltitel) handele es sich um ein »höchst oberflächliches und ärgerliches Buch« (Hagemann-White 1993, 69).
Neben solchen Verärgerungen über die inhaltlichen Setzungen Butlers fanden und finden sich immer wieder zynische bis verzweifelte Klagen über ihren Stil. Rezensionen ihrer Bücher und ihrer Vorträge in den Feuilletons deutscher Tageszeitungen -- aber auch Bemerkungen mancher Kollegen und Kolleginnen an den Universitäten -- betonen immer wieder die schwer zugängliche Sprache von Judith Butler. Eine auch international viel beachtete Kritik der US-amerikanischen Philosophin Martha Nussbaum (1999) warf Butler unter anderem eine vernebelnde, hohle Sprache vor. Nicht zuletzt schrecken Studierende vor ihrem philosophisch-abstrakten Stil zurück -- auch wenn Butler gerade unter diesen ihre wohl größte »Fan-Gemeinde« hat. Die vorliegende Einführung will diese Frustrationen ernst nehmen und versuchen, die komplexen, interdisziplinären Ausführungen von Butler in eine zugänglichere Form zu »übersetzen«. Zugleich soll die Autorin aber auch anhand ihrer Sprache vorgestellt werden. Beispielsweise
hilft es zu wissen, dass Butler sehr häufig Fragesätze als rhetorisches Mittel einsetzt, um die eigene Position im Kontext theoretischer Debatten zu markieren. So kommt es auch darauf an, sich mit gutem Willen in Butlers Texte einzulesen, um sie zu verstehen. Wie bei vielen anderen einflussreichen Autorinnen und Autoren in der sozial- und geisteswissenschaftlichen Theorie bedarf es einer gewissen Vorbildung ebenso wie einer gewissen Ausdauer, sich ihnen zu nähern.
Ein weiterer Punkt, der die Butler-Lektüre erschwert, ist ihre Disziplinen übergreifende Ausrichtung und Rezeption: Judith Butler ist von Hause aus Sprachphilosophin und lehrt als Professorin für Rhetorik und Literaturwissenschaft an der University of California in Berkeley. Doch leben ihre Überlegungen vom produktiven Blick über den disziplinären Tellerrand, das heißt, sie greift im besonderen Maße auf Beiträge und Debatten anderer Disziplinen zurück. Psychoanalyse, Philosophie, Sprachtheorie, Geschichte und Sozialwissenschaften, Medientheorie sowie lesbische und feministische Theorien spielen in Butlers Texten eine so wichtige Rolle, dass sie auch in all diesen Disziplinen rezipiert werden -- was die Leser ihrerseits nötigt, sich interdisziplinär fortzubilden. Soziologinnen und Soziologen sind
möglicherweise psychoanalytische oder subjektphilosophische Terminologien nicht vertraut, und diese wirken sich entsprechend als anstrengende Hürden bei der Lektüre aus.
Literaturwissenschaftler werden womöglich bei den politiktheoretischen Ausführungen von Butler das entsprechende Buch genervt beiseite legen, und manche Feministin, die sich Impulse für ihre Praxis erhoffte, gibt bei den diffizilen Überlegungen zur Subjekttheorie
resigniert auf. Positiv lassen sich diese Erfahrungen aber wenden als undramatische Effekte partikularer Lesarten einer ungemein vielseitigen und entsprechend breit rezipierten Autorin. Anders gesagt: Man muss zwar nicht alle Feinheiten aller Aspekte des
Butlerschen uvres nachvollziehen, um sie in Teilen zu verstehen. Doch sollte man sich auf möglicherweise zunächst fremde (und befremdliche) Begriffe und Argumentationen einlassen wollen. Es lohnt sich. Und es ist machbar.

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