Jungen brauchen klare Ansagen - Ein Ratgeber für Kindheit, Schule und die wilden Jahre

Jungen brauchen klare Ansagen - Ein Ratgeber für Kindheit, Schule und die wilden Jahre

 

 

 

von: Reinhard Winter

Beltz, 2014

ISBN: 9783407223296

Sprache: Deutsch

275 Seiten, Download: 2640 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Jungen brauchen klare Ansagen - Ein Ratgeber für Kindheit, Schule und die wilden Jahre



Vorwort


Mit einem Jungen zusammenzuleben, einen Sohn ins Leben zu begleiten ist ein großes Glück. Doch Jungen zu erziehen kann auch zu einer Herausforderung werden.
Dieses Buch soll Ihnen als Eltern dabei helfen, Ihren Sohn gut durch Kindheit, Schule und Pubertät zu begleiten. Es ist in der Arbeit mit vielen verschiedenen Jungen und mit vielen unterschiedlichen Eltern entstanden. Eltern mussten immer wieder dieselben Fragen stellen, bis wir gemeinsam auf das Thema »Führung« als eine wichtige Klammer für viele Elternfragen kamen. Seither fällt mir das immer wieder auf, sei es an Vortragsabenden zur Jungenerziehung, in der Beratung von Eltern oder auch bei Jungen, mit denen ich arbeite: Mindestens die Hälfte aller Jungen-Erziehungsfragen handelt von Problemen, mit Jungen »klarzukommen«, von Schwierigkeiten, die auf die Qualität der Beziehung zwischen Eltern und ihren Söhnen und letztlich auf die Rolle der Eltern als Führungskräfte in der Familie zurückzuführen sind.
Die Fragen, die mich durch meine Beratungsarbeit und durch dieses Buch leiten, sind: Was machen Eltern richtig, die ihre Jungen stabil und halbwegs gelassen durch Kindheit und Jugendphase bringen? Oder: Was haben Jungen, die ihre Herausforderungen einigermaßen beständig und erfolgreich meistern, von ihren Eltern bekommen? Eltern sind die ersten und prägenden Beziehungen, sie bringen ihre elterliche Liebe mit, sie sind am häufigsten und die längste Zeit mit dem Jungen zusammen und haben deshalb eine ganz besondere Bedeutung für ihn. Bringen wir es auf einen Begriff, dann können wir sagen: Ihre Führung hilft Eltern, mit Jungen klarzukommen. Und sie hilft den Jungen, die Führung als Voraussetzung für eine gelingende Entwicklung brauchen. Das Wirken guter Führung wird da sichtbar, wo Jungen »gut unterwegs« sind, wo sie sich wohl und gut aufgehoben fühlen, wo sie sich positiv entwickeln. Immer wieder begegnen mir solche Jungen, bei denen ich spontan denke: »Klasse! Du bist gut drauf! Dir scheint es gut zu gehen!« Das sind nicht immer die pflegeleichten Jungen, im Gegenteil, oft fordern sie mich heraus, provozieren oder sind erst einmal demonstrativ ablehnend. Aber sie sind in Kontakt mit sich selbst und auch mit mir. Wir schwingen uns allmählich aufeinander ein, akzeptieren uns und die Beziehung stimmt.
Dass es in der Erziehung Führung braucht, dass es ohne klare Ansagen und eine klare Haltung der Erwachsenen nicht geht, wird heute an vielen Stellen neu erkannt. Die Haltung der meisten Eltern unterscheidet sich erheblich von der vergangener Zeiten: Früher ging es darum, Autorität als Form elterlicher Macht zu verstehen; deshalb wurde Autorität um der Autorität willen gefordert; im Zweifel wurde diese Forderung mit Druck, Liebesentzug oder Gewalt durchgesetzt. Damals waren Kinder gehorsamer. Das ging aber nur mit Gewalt, und dieses Modell ist zum Glück überholt. Viele Eltern wissen sich nun jedoch nicht mehr recht zu helfen. Sie halten den Jungen für »falsch«; er gehorcht nicht oder benimmt sich schlecht – und muss deshalb repariert werden. Das ist der Ausgangspunkt vieler meiner Beratungsgespräche, und gemeinsam nähern wir uns in den allermeisten Fällen der Einsicht: Nicht der Junge ist falsch, sondern an der Beziehung stimmt etwas nicht. Wie ich in diesem Buch zeigen werde, kann eine offene, verstehende Beziehung zum Jungen von Anfang an aufgebaut werden, und sie kann – das ist das Schöne daran – immer wieder neu begonnen, aufgenommen und verbessert werden.
Liebevolle Klarheit in der Beziehung zum Jungen wird heute als etwas Notwendiges und Nützliches verstanden. Klar und nah zu sein ist eine neue, gute, persönliche oder die »eigentliche« Form der Führung: Sie braucht keine Drohungen, Strafen, Angst und Gewalt, um erzwungen oder durchgesetzt zu werden. Die klare Beziehungsqualität ist etwas Lebendiges. Sie ist aber auch nicht einfach dadurch da, dass Eltern eben Eltern sind, sondern sie entsteht durch ihre Einstellung und im Handeln. Sie wird aktiv gemacht, getan. Dabei treffen sich die Bedürfnisse von Jungen mit denen der Eltern und anderer Erziehender: Alle Seiten benötigen klare Beziehungen, damit es ihnen gut geht. Und nur Menschen, denen es selbst gut geht, können auch gute und klare Eltern sein.
Was Jungen durch ihre Kindheit, die Schulzeit und die Pubertät trägt, ist die Beziehung, die gefüllt ist mit der Persönlichkeit der Eltern, mit ihren Einstellungen, ihren Werten und mit der Art, wie sie Beziehung »tun«. Ihr Ver-Halten drückt ihre Haltung aus. Dieser Hintergrund und ihre Botschaft »Ich bin da« stärken dem Jungen den Rücken und helfen ihm, sein Jungesein, seine Lebensaufgaben, die Schule und auch die Pubertät gut zu bewältigen. Klar sein und nah – diese Qualität in der Beziehung ist fühlbar. Leider fällt sie vor allem dann richtig auf, wenn sie fehlt. In den zahlreichen Krisenfällen während der Jugendphase lässt es sich gar nicht übersehen, dass Jungen stabile Erwachsene in einer klaren Beziehung zu ihnen wollen. Sie fordern diese Klarheit mehr oder weniger deutlich ein und schlagen gegebenenfalls so weit über die Stränge, bis sie spüren können, dass sie Antworten auf ihr Verhalten bekommen.
Das Schöne ist: Beim Führen, beim Klarwerden und -sein müssen Eltern keine unbekannten oder gänzlich neuen Fähigkeiten lernen. Vielmehr geht es darum, vorhandenes Können neu zu entdecken, es zu erweitern, mit Energie auszustatten und mit mehr Nachdruck zu vertreten. All dies stärkt die Selbstsicherheit der Eltern, die Jungen häufig vermissen und suchen.
Wichtig ist also Orientierung in diffusen Jungen-Erziehungszeiten – aber ohne Rückgriff in die pädagogische Mottenkiste. Es fällt auf, dass sich die Forderung nach mehr Strenge seit einiger Zeit gut verkaufen lässt: Disziplin hin, Tigermutter her, und Supernannys mit ihren Zaubertricks aus dem Erziehungszylinder dazwischen. Das Motto scheint zu lauten: Hauptsache Härte! Mit solchen Ideen wird das Heil der Gegenwart in der Vergangenheit gesucht. Stillschweigend werden militärische Tugenden wieder salonfähig; hartherzige, gewaltförmige Erziehungsziele schleichen sich ein.
Es ist deshalb notwendig, die Ideen dieses Buches scharf von autoritären Erziehungsideen abzugrenzen. Um niemand auf falsche Fährten zu locken, möchte ich betonen: Es geht in diesem Buch um den positiven Gehalt von Führung, von Klarheit in Beziehung, um mitfühlende, liebevolle Zuwendung, um Anerkennung, Vertrauen und Verantwortung auf beiden Seiten – also nicht um Disziplin, Druck, Drill, Zwang, Unterwerfung, Repression, Machtausübung oder Kinderdressur, auch nicht um die Idealisierung überholter Formen von Pädagogik. Autoritäres Verhalten ist Machtgebaren, das dann ausgespielt wird, wenn schwache Persönlichkeiten sich nicht mehr zu helfen wissen. Wenn eine Person nicht anerkannt wird und glaubt, sich durch Macht behaupten zu müssen, wird sie autoritär – und das ist immer ein Armutszeichen, ganz sicher kein Ziel für Eltern.
Eine Frage, die mir häufig gestellt wird, ist: Brauchen Jungen wirklich etwas anderes von ihren Eltern als Mädchen? Ich glaube, ja: Damit die Beziehung zum Jungen verstanden wird, damit sie wirkt und funktioniert, muss sie auch mit der Geschlechterbrille betrachtet werden. Es fällt zum Beispiel auf, dass Eltern den Mädchen meist engere Grenzen stecken, sie mehr behüten, oder anders gesagt: dass Mädchen besser mit Halt versorgt werden – umgekehrt fehlt Jungen hier etwas. Auch weil es Jungen sind, die uns derzeit gesellschaftlich die größeren Sorgen machen, ist diese Sichtweise wichtig. Viele Erziehungsratgeber behandeln Fragen der Beziehung zwischen Eltern und Kind als allgemeine Themen. Das ist gut, hilfreich und wichtig, aber die Geschlechteraspekte werden dabei nicht besonders beachtet. In meiner Arbeit und auch in diesem Buch ist es umgekehrt: Die geschlechtliche Perspektive steht im Vordergrund. Denn jede Beziehung hat auch eine geschlechtliche Seite oder Einfärbung.
Leider gibt es auch in der Jungenerziehung keine absolute Wahrheit. Wie Sie ganz speziell Ihre Führungsrolle in der Familie gestalten, wie Sie mit Ihrem Jungen klarkommen, das kann ich Ihnen nicht sagen. Sie werden das selbst herausfinden. Jungen, Eltern und Lebenssituationen sind ganz unterschiedlich. In diesem Buch finden Sie Hinweise und Vorschläge dafür, wie es gehen könnte. Welche für Sie passen, welche Erfahrungen und Ideen Sie umsetzen können, entscheiden Sie selbst. In welcher Intensität dabei Ihre Führungskraft wichtig ist, lässt sich kaum vorhersagen. Das Gute ist aber: Jungen signalisieren, was sie brauchen! Als ihr Gegenüber können Eltern sich genau darauf einstellen.
Wichtig ist mir, dass mit dem Ziel der Klarheit keine überhöhten Anforderungen einhergehen. Klare Ansagen machen, klar und zugleich nah sein, das soll für Entspannung, Zuversicht und Gelassenheit in der Erziehung sorgen, und deshalb soll es hier nicht um Leistungsdruck und Erziehungsoptimierung gehen! Wenn es Ihnen in Ihrer Familie und mit Ihrem Jungen gut geht, dann freuen Sie sich daran. Machen Sie mehr von dem, was Sie gut machen. Ansonsten gibt es keinen Grund, etwas zu verändern! Vielleicht denken Sie ein wenig darüber nach, was Sie und Ihr Junge alles richtig machen, dann können Sie das anderen weitergeben. Wenn es manchmal schwierig ist mit Ihrem Sohn, dann hilft nur Optimismus. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich Ihnen Mut machen: Meistens geht es gut, und aus Jungen werden junge Männer, an denen sich das Elternherz erfreuen kann!
Gute Beziehung zum Sohn braucht Gelassenheit, Ruhe, Achtsamkeit und Entspannung. Gerade in der heutigen Zeit sehnen sich Jungen wie Erwachsene nach stressarmen Phasen. Gleichmut ist die Eigenschaft, die nötig ist, um bestehen...

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